Haus-Chroniken von Haag

Nach Katastralgemeinden - von damals bis heute

OÖ Nachrichten - Mittwoch 4. März 1998

Die Kerkertüren stehen seit Jahrzehnten offen: 1958 zog der letzte Vagabund aus. Fotos: Feh
Das alte Haager Gefängnis.

Über Haager Gefängnis ist das Urteil gesprochen: Abbruch für Parkplätze

Von Hannes Fehringer

Das Stadtgefängnis, in dem bis in die fünfziger Jahre großteils Landstreicher, Vagabunden und Strizzis ihre Brotsuppe aus den Blechnäpfen löffelten, weicht einem Parkplatz.

Einst rissen sich die Haager um das Gefängnis, das jetzt in der Wiener Straße abgerissen wird. Mit 250.000 Kronen erkaufte sich die Mostviertelstadt den Standort des Bezirksgerichts und behauptete sich gegenüber St. Valentin, wo die kaiserliche Justiz amtswalten hätte sollen. Ab 1903 saßen gestrauchelte Zeitgenossen in dem kleinen Zuchthaus hinter Schloß und Riegel. Heute nagt in den zehn Zellen an den Eisenöfen, die vom Gang aus befeuert wurden, der Rost, genauso wie an den Gitterstäben. Die massiven Kerkertüren stehen sperrangelweit offen, 1958 hat das letzte Mal ein Wärter durch die Gucklöcher gespät. „Schwere Fälle hat's damals längst nicht mehr gegeben", erzählt der ehemalige Direktor des Stadtamtes, Hans Hintermayr, „nur mehr Vagabunden und kleine Diebe wurden hier eingesperrt". Als 1958 ein paar „Sträflinge" türmten und daraufhin deren Wärter als Gendarm an die Grenze strafversetzt wurde, war es auch das Ende des Gefängnisses.

Jahrzehntelang diente der Kotter als Museumsdepot. Pläne, das dem Verfall preisgegebene Gebäude als Galerie zu nutzen, scheiterten. Dieser Tage wird die Spitzhacke die alten Gemäuer dem Erdboden gleichmachen, der danach für 35 Parkplätze zugepflastert wird. „Wir hatten für das Haus einfach keine Verwendung, und der Mangel an Stellflächen im Zentrum ist enorm", sagt Bürgermeister Josef Andesner. Der kleine Hof, in dem sich einst die Insassen die Beine vertraten, soll als Platz gestaltet werden.