Haus-Chroniken von Haag

Nach Katastralgemeinden - von damals bis heute

1. ungarisch königliche Husaren-Division

Die letzte Ehre der Husaren: Geschichte, Rettung – und ein verborgener Schatz

Von Medgyesy Miklós (Erfahrungsberichte aus 1996 & ergänzt durch neue Forschungen von Szebenyi István und Bericht des Fundes von Bürgermeister Lukas Michlmayr am 17. Mai 2025).

Mehr als ein halbes Jahrhundert ist vergangen, seit die ungarische königliche 1. Honvéd-Husaren-Division ihre letzten Tage im Zweiten Weltkrieg erlebte. Für viele war das Ende gleichbedeutend mit dem Verlust der Heimat, der Kameraden und nicht zuletzt der historischen Spuren. Doch die Erinnerung lebt fort – in Erzählungen, Tagebüchern und, wie sich nun zeigt, in einer Holzkiste mit Eisenbeschlägen und isolierten Seitenteilen, wie sie typischerweise damals als Feldküchenkiste verwendet wurden, im Boden des ehemaligen Schlossgartens von Schloss Salaberg.

Ein historischer Fund: Die Truhe von Schloss Salaberg

Am 17. Mai 2025 wurde in der Stadtgemeinde Haag erneut Geschichte geschrieben. Nahezu auf den Tag genau 80 Jahre nach Inkrafttreten des Waffenstillstands am 9. Mai 1945 wurde im Tierpark Haag – dem einstigen Schlossgarten von Schloss Salaberg – eine verrostete, eingedrückte Küchentruhe entdeckt. Es war nicht irgendeine Truhe, sondern eine Sensation: In der Kiste befanden sich Originaldokumente, Tagebücher, Befehle und Lageberichte der 1. ungarischen königlichen Husaren-Division – exakt jene Dokumente, die seit Jahrzehnten als verschollen galten.

Der ungarische Militärhistoriker István Szebenyi, der gemeinsam mit seinem Team seit Jahren nach diesen Unterlagen forschte, fand mit einem Metalldetektor im Hirschgehege des Tierparks, die Kiste mit Mitschriften, die die letzten Tage und Wochen von rund 10.000 ungarische Soldaten beschreiben, die um Schloss Salaberg lagerten, in der Hoffnung, nicht in sowjetische Kriegsgefangenschaft zu geraten.

Die Legende wird Wirklichkeit

Die Existenz dieser Dokumente war bisher nur durch mündliche Überlieferungen, Briefe und einzelne Tagebucheinträge belegt worden. Ein besonders wichtiger Hinweis stammte vom Zeitzeugen Bánó-Kacskovics Zoltán, der aus der amerikanischen Gefangenschaft heimkehrte, seine Erinnerungen mit seiner Nichte Maria teilte und selber beim Vergraben dieser Truhe dabei war. „Meine liebe Marika! Offen gesagt, war ich überrascht über deinen freundlichen Brief – zuerst, als ich sah, wer der Absender war, und noch mehr, als ich ihn las und seinen Inhalt begriff. Seit deiner Geburt sind 25 Jahre vergangen, und die Epoche, für die du dich interessierst, ist längst abgeschlossen. Leider ruhen die Aufzeichnungen, die ich im Divisionsjournal führte, in einem Park eines österreichischen Grafenschlosses im ewigen Schlummer. Es ist kaum wahrscheinlich, dass jemand nach all dieser Zeit die damals so sorgsam vergrabenen Dokumente finden könnte. Nicht einmal der Name der Ortschaft will mir mehr einfallen. Ich erinnere mich nur daran, dass das wunderschöne Schloss mit einem Rittersaal und Damwild im Park irgendwo am östlichen Ufer der Enns stand, wo wir die letzten Tage des Krieges verbrachten und damals alle Dokumente vergruben. Ich glaube, ich tat dies mit zwei anderen, doch selbst diese Erinnerung ist im Nebel des Vergessens verschwunden. Vielleicht würde mir der Name auf einer detaillierten Karte wieder einfallen, oder wenn ich vor Ort wäre, könnte ich den kleinen Hügel im Park wiederfinden, auf dessen Spitze wir die Dokumente begruben. Ich erinnere mich daran, dass wir die Entfernung zur Grube von einigen Bäumen in der Umgebung abmaßen, aber das ist alles, was seit deinem Brief aus dem Verfall wieder aufgetaucht ist – einem Verfall, den meine Söhne noch 'Gehirn' nennen."

Freundschaft zwischen Oberst und General

Von Medgyesy Miklós aus einem Erfahrungsbericht von 1996 stammen weitere wesentliche Informationen. Er erzählte von der sagenumwobenen Freundschaft zwischen dem ungarischen Oberst Malanotti und dem amerikanischen General George S. Patton, die sich 1930 bei einer gemeinsamen Weltmeisterschaft in Toronto kennenlernten. Diese Verbindung erwies sich – so die überlieferte Erzählung – im Mai 1945 als lebensrettend: Durch Pattons persönliche Intervention durfte die Husaren-Division über das Kraftwerk bei Emshofen (Ernsthofen) die Enns überqueren und sich den US-Streitkräften ergeben. Der sowjetischen Gefangenschaft entgingen so tausende Soldaten.

Nun ist diese Legende bewiesen. Die Inhalte der Truhe werden noch genauer untersucht. Die ungarischen Militärhistoriker gehen jedoch von einer Bestätigung der Legenden durch den Fund aus.

Eine Geschichte gegen das Vergessen

Die Geschichte der Husaren-Division war stets geprägt von Disziplin, Tapferkeit und Treue. Ihre Soldaten kämpften ausschließlich an der Ostfront und hofften bis zuletzt, von westlichen Alliierten als politische Gegner des Kommunismus anerkannt zu werden. Die Amerikaner duldeten ihre Anwesenheit, entwaffneten sie mit Respekt und versorgten sie notdürftig, bis sie – auf Drängen der sowjetischen Seite – in Kriegsgefangenenlisten erfasst und übergeben wurden. Nicht wenige wurden dennoch später an die Sowjets ausgeliefert – ein düsteres Kapitel der Nachkriegspolitik.

Doch was blieb, ist mehr als ein militärischer Abgesang. Die Erinnerung lebt in restaurierten Bunkern im Vértes-Gebirge, in Artefakten, in mühsam transkribierten Tagebüchern – und nun auch in den wiedergefundenen Originaldokumenten aus der Erde von Salaberg.

Ein Schatz für die Nachwelt

Die Inhalte der Truhe sollen in den kommenden Monaten digitalisiert, übersetzt und wissenschaftlich ausgewertet werden. Geplant ist den Fund im Besitz der Stadtgemeinde Haag durch Schenkung an das Staatsarchiv weiterzugeben. Die Dokumente müssen aus der Erde befreit und restauriert werden. Sie haben jedoch das Potenzial, nicht nur die Geschichte einer Division, sondern auch die gesamte ungarische Militär- und Erinnerungskultur im Zweiten Weltkrieg neu zu schreiben.

„Unsere Helden wurden nun nicht so sehr unter der Erde begraben, sondern vielmehr von der Vergessenheit.“ – Emil Tomka

Epilog

Was als Legende begann, hat sich als Wahrheit erwiesen. Die Geschichte der Husaren-Division ist kein abgeschlossenes Kapitel. Sie lebt – in Berichten, Erinnerungen und nun in einer Truhe, die fast 80 Jahre lang im Erdreich von Schloss Salaberg schlummerte. Vielleicht war es Schicksal – oder einfach nur unbeirrbare Ausdauer der Forscher –, dass uns dieser Teil der Geschichte nun zurückgegeben wurde.