Der Gulden
Bei den meisten Chroniken auf dieser Seite findet man immer wieder eine Wertangabe gefolgt von der Abkürzung "fl." - das bedeutet nichts anderes als "Florentiner" oder "Gulden".
Der Florentiner war eine im Spätmittelalter in Europa weit verbreitete Währung. Der Name kommt vom Goldgulden der Stadt Florenz mit etwa 3½ Gramm, der ab dem 13. Jahrhundert auch außerhalb der Toskana benutzt wurde. Es gab allerdings regional noch andere Prägungen, beispielsweise in der Champagne und im Herzogtum Brabant. Gegenüber dem Florentiner konnte ihr Wert zwischen der Hälfte und dem Doppelten schwanken.
Von der Florentiner Goldwährung (französisch Florin d' or) kommt auch der Name Gulden, wie bis 2001 die Währungseinheit in Holland hieß. Deren im Finanzwesen gebräuchliche Abkürzung ist fl. oder f. für Fiorino, lat. florenus aureus, französisch Florin.
Der damalige Geldwert der Florentiner Goldmünzen ist nur schwer abzuschätzen, weil er von Wirtschafts- und politischen Umständen abhängt. Immerhin galt Münzgold auch in Kriegszeiten als relativ sichere Währung - auch noch im 20. Jahrhundert. In Friedenszeiten sind in der historischen Literatur Käufe von Dörfern unter Adeligen genannt, die um die tausend fl betrugen, und Stiftungen zu sozialen Zwecken gingen bis in mehrere 10.000 Florentiner.
Mit einem durchschnittlichen Goldpreis der letzten 50 Jahre von 800 Dollar pro Unze, (allerdings bei Schwankungen von ca. 150 bis 1700 $) ergäbe sich die Kaufkraft aus heutiger Sicht zu annähernd etwa 100 Euro für einen Gulden. Allerdings kann man diese Wertigkeit nicht einfach 1:1 auf alle Fälle anwenden - es gibt auch Ausnahmen wie rare Gegenstände (Z.B. Wetzsteine) oder teure Handarbeiten (Möbel), wo ein Umrechnungsfaktor bis zu 1000 Euro für einen Gulden eingesetzt werden muss.
In diversen Inventurabhandlungen findet man viele Anhaltspunkte für derartige Umrechnungen:
- 1 Roß ... 10fl.
- 1 Khur ... 10fl.
- 1 altes Schwein ... 2fl. 30x
- 2 junge Schwein ... 1fl. 30x
- 1 Wagen samt Zugehör ... 12fl.
- 1 Pflueg und 1 Egen ... 3fl.
- 23 Mezen Khorn ... 23fl.
- 4 Mezen Lins ... 3fl.
- 8 Mezen Haber ... 4fl.
(In Österreich: 61,487 Liter - der Welser Metzen fasst ab 1595 etwa 75 Liter)
Für den Wert von Liegenschaften sollte der Umrechnungsfaktor 1:400 angenommen werden. Ein Bauerngut im Wert von damaligen 2.000 Gulden wäre demnach heute ca. 800.000 Euro wert.
Vorgeschichte
Seit dem frühen Mittelalter waren im westlichen und nördlichen Europa keine Goldmünzen mehr geprägt worden, da dort selbst kaum Gold gefördert wurde und der Zufluss aus dem Orient und Afrika durch den Zusammenbruch des Römischen Reiches und die Ausbreitung des Islams zum Erliegen kam. Die wenigen Goldmünzen, die es im Abendland noch gab, stammten meist aus dem Oströmischen Reich, auch Byzanz genannt, dessen Goldsolidi als „Bézants“ oder „Bisanter“ bezeichnet wurden.
Beginn der Nachprägungen
Die Florenen wurden von Beginn an in außerordentlich großer Zahl ausgegeben, um 1336 sollen es in Florenz jährlich 350.000 bis 400.000 gewesen sein. Sie breiteten sich relativ schnell aus: Schon 1283 werden floreni aurei im Salzburgischen erwähnt, ab 1317 ist ihr Umlauf im übrigen Deutschland nachgewiesen. So konnte es nicht ausbleiben, dass sie bald von anderen Staaten auch nachgeprägt wurden.
Dies geschah vor allem in Mittel- und Osteuropa, während in England, Frankreich und Spanien Florenen nur gelegentlich imitiert wurden. Frankreich und England hatten mit dem Écu d’or (seit 1266) und dem Noble (seit 1344) ihre eigenen erfolgreichen Goldmünzen, die ihrerseits – auch im Reich – Nachahmung fanden.
Während die Florentiner Gulden in Goldgehalt und Gepräge im Wesentlichen gleich blieben und die Nachprägungen anfänglich die Originale mehr oder weniger genau nachahmten, gingen die Münzstände vor allem im Westen des Reiches schon ab Mitte des 14. Jahrhunderts aufgrund fehlender eigener Goldvorkommen und des immer knapper werdenden Goldes dazu über, den Goldgehalt heimlich zu reduzieren, also dem Gold die Legierungsmetalle Silber und Kupfer beizumischen. Dadurch ließ sich der Schlagschatz zugunsten des Münzherrn und des Münzmeisters beträchtlich erhöhen. War der Anteil dieser Metalle zu groß, ließen sich die Beimischungen nicht mehr verheimlichen: Der Goldton der Münzen ging bei zu viel Silber deutlich ins Weißliche oder Bläuliche (siehe unten, Niederlande) oder bei zu viel Kupfer ins Rötliche über. Auch das Florentiner Münzbild wurde nur so lange beibehalten, wie man auch den Münzfuß beibehielt. Danach wurde die Lilie durch Wappen der Münzherren ersetzt, bei Reichsstädten durch den Reichsadler, und der hl. Johannes durch die jeweiligen Orts- oder Regionalheiligen, durch Christus oder die Madonna – oder auch durch Herrscherbildnisse.
In dem Augenblick, wo das Münzbild sich änderte, wurde auch die Unterscheidung zwischen Florentiner Gulden und venezianischem Dukaten hinfällig, die bei (annähernd) gleichem Gewicht ja nur aufgrund des Gepräges getroffen wurde. So werden z. B. die späteren ungarischen Goldgulden (siehe unten) häufig auch als Dukaten bezeichnet, da sie genau wie diese ihr Feingewicht von ca. 3,5 g die ganze Zeit über behielten, während Gulden sich als Name für diejenigen Floren einbürgerte, die mit der Veränderung des Münzbildes auch den Goldgehalt verringerten.
Südöstliche Alpenländer
- Habsburgische Lande: In österreichischen Urkunden beginnen sich ab etwa 1330 Geschäftsabschlüsse mit Florentiner und ungarischen Goldgulden zu mehren. Die ersten Goldgulden in den sogenannten habsburgischen Erblanden wurden von Herzog Albrecht II. (1330–1358) um 1350 im steirischen Judenburg geprägt, das sich im Laufe des 13. und 14. Jahrhunderts zu einem bedeutenden innerösterreichischen Wirtschaftszentrum entwickelte und vor allem für den venezianischen Handel bedeutsam war. Das Gold für die Judenburger Guldenprägung kam aus den Hohen Tauern. Unter Albrecht III. (1365–1395) erfolgte die Umstellung der österreichischen Gulden auf eine Darstellung der Wappen Österreichs (gemeint: das heutige Nieder- und Oberösterreich) und der Steiermark auf dem Avers. Die Guldenprägung Albrechts III. erreichte nur noch einen sehr bescheidenen Umfang und musste eingestellt werden, vermutlich wegen mangelnder Rentabilität der Goldbergwerke, aber auch weil seine Gulden mit den hochwertigen Goldgulden des benachbarten Ungarn nicht mehr konkurrieren konnten. Schließlich ließ der spätere Kaiser Ferdinand I. ab 1527 nur noch Dukaten prägen. Ab 1870 wurden in der österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie zur Vorbereitung auf den Beitritt zur Lateinischen Münzunion zwei Goldmünzen im Wert von 4 Gulden = 10 Franken und 8 Gulden = 20 Franken geprägt. Der Beitritt kam dann doch nicht zustande, die Münzen wurden aber bis 1892 weitergeprägt, und wenn sie auch nicht allgemein umliefen, wurden sie doch zur Zollwährung, mit der die Zölle an den Grenzen zu bezahlen waren. Heute werden diese Münzen offiziell von der Münze Österreich mit der Jahreszahl 1892 als Anlagemünzen nachgeprägt.
- Tirol: Der Tiroler Landesherr Sigismund von Tirol (1427–1496), österreichischer Erzherzog, auch „der Münzreiche“ genannt, verlegte die Tiroler Münze von Meran im heutigen Südtirol nach Hall nahe der Landeshauptstadt Innsbruck und ließ dort ab 1478 Goldgulden prägen. In Ermangelung eigener Goldvorkommen ließ er dazu ungarische Goldgulden und italienische Dukaten einfach auf den rheinischen Münzfuß ummünzen. Angesichts der reichhaltigen Silbervorräte ging Sigismund dann dazu über, ab 1484 Großsilbermünzen im Wert von ½ und ab 1486 im Wert von 1 Rheinischen Gulden schlagen zu lassen. Damit begründete er eine neue Münze, die sich im Laufe des 16. Jahrhunderts zu einer der wichtigsten in ganz Europa entwickeln sollte: den Taler.
- Daneben seien noch die Gulden der Fürsterzbischöfe von Salzburg und der Grafen von Görz erwähnt.