Haus-Chroniken von Haag

Nach Katastralgemeinden - von damals bis heute

Ungarn, Kroatien, Siebenbürgen und Serbien

Die Nachricht von der Revolution in Paris und Wien führte am 15. März schließlich dazu, dass die Revolution – ausgehend von Pest – auch auf Ungarn übergriff. Von einigen Bildungsbürgern und Intellektuellen wurde die Aufhebung der Zensur, Pressefreiheit, Versammlungsfreiheit sowie die Religionsfreiheit gefordert. Außerdem wurde die Abschaffung der adeligen Vorrechte, die Aufhebung der Leibeigenschaft und eine Landverteilung an die Bauern verlangt. Die bestehende ständische Versammlung mit Sitz in Pressburg sollte in eine moderne parlamentarische Vertretung umgewandelt und in Ungarn eine eigenständige Regierung eingesetzt werden. Ferdinand sollte weiterhin König bleiben. Diese Reformansätze wurden von Ferdinand als März- beziehungsweise Aprilgesetze vom 11. April 1848 bestätigt.

Nach Revolten der einfachen Bevölkerung führten die Magyaren Kriege gegen die Nicht-Magyaren in ihrem Königreich; gegen die Serben (seit Juni 1848), dann auch gegen die Kroaten, Rumänen, Slowaken, Russinen, Siebenbürger Sachsen sowie gegen kaiserliche Truppen, was dazu führte, dass der Kaiser Ende September den ungarischen Landtag auflöste und in Ungarn den Kriegszustand erklärte. Eine kaiserliche Armee unter Führung von Josip Jelačić wurde Ende September 1848 Richtung Pest in Marsch gesetzt.

Am 12. September 1848 löste Lajos Kossuth, bis dahin Finanzminister und Vorsitzender des Verteidigungsausschusses, den liberalen Ministerpräsidenten Lajos Batthyány ab. Dem österreichischen Kaiser Ferdinand I. wurde als Folge der revolutionären Ereignisse in Österreich die Anerkennung als König von Ungarn verwehrt.

Ende 1848 unternahmen kaiserliche Truppen über Oberungarn (die heutige Slowakei) einen Angriff gegen Ungarn und besetzten am 5. Jänner 1849 Pest. Am 7. März löste der österreichische Kaiser den liberalen österreichischen Reichstag auf und erließ eine neue Verfassung, die sogenannte Oktroyierte Märzverfassung. Im Königreich Ungarn wurde die ungarische Verfassung abgeschafft und Kroatien-Slawonien, Siebenbürgen, die Militärgrenze, die Woiwodschaft Serbien und Temeser Banat von Ungarn abgetrennt. Den verschiedenen in Ungarn lebenden Minderheiten wurden dabei keine eigenen Verwaltungseinheiten zuerkannt.

Die Oktroyierung einer kaiserlichen Verfassung führte schließlich zum Unabhängigkeitsaufstand. Die kaiserliche Armee unter Alfred Fürst zu Windischgrätz musste sich am 10. April 1849 vor dem mit polnischen Legionen verstärkten Revolutionsheer zunächst zurückziehen.

Diese schufen unter anderem einen weitgehend autonomen magyarischen Nationalstaat, in dem viele (aber nicht alle) Bauern befreit wurden (Abschaffung der Hörigkeit) und Ungarisch als einzige Amtssprache galt. Da niemand mit der „unfertigen“ Liberalisierung zufrieden war, Wien über die Unabhängigkeitsbestrebungen der Ungarn empört war und die Anliegen der Nicht-Magyaren ignoriert wurden, war ein Bürgerkrieg vorprogrammiert.

Am 14. April 1849 erklärte der ungarische Reichstag seine Unabhängigkeit vom Hause Habsburg-Lothringen und rief die Republik aus. Kossuth wurde daraufhin zum ungarischen Reichsverweser erklärt. Er hatte als solcher diktatorische Vollmachten.

Da die ungarische Unabhängigkeit international nicht anerkannt wurde, leisteten auf Bitten des österreichischen Kaisers russische und kroatische Truppen der österreichischen Armee Beistand. Mitte Juni begann eine österreichisch-russische Großoffensive vom Norden und Westen gegen die Magyaren. Als wichtige Feldherren agierten damals der Kroate Joseph Jelačić sowie der Russe Paskewitsch. Am 13. August kapitulierten die Magyaren nach der Schlacht bei Segesvár (Schäßburg). Die Revolution im ungarischen Teil der Monarchie war damit praktisch beendet. Am 3. Oktober 1849 kapitulierten die letzten ungarischen Einheiten in der Festung Komárom. In den darauffolgenden Tagen und Wochen wurden über hundert Anführer des ungarischen Aufstands in Arad hingerichtet (siehe auch Märtyrer von Arad). Am 6. Oktober 1849, dem ersten Jahrestag des Wiener Oktoberaufstands, folgte auch die Hinrichtung des ehemaligen Ministerpräsidenten Batthyány in Pest.

Lajos Kossuth, der politisch bedeutendste Vertreter der ungarischen Freiheitsbewegung, konnte sich im August 1849 ins Exil absetzen. Bis zu seinem Tod 1894 in Turin setzte er sich für die Unabhängigkeit Ungarns ein.

Die Revolution von 1848/1849 brachte in Ungarn die Bauernbefreiung, eine formelle Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz und wirtschaftlich die Durchsetzung des Kapitalismus im Königreich Ungarn.