Haus-Chroniken von Haag

Nach Katastralgemeinden - von damals bis heute

AUFLÖSUNG DER HOFMARK

Neue Pfarreien

So mussten zunächst - und vor allem wegen der wachsenden Bevölkerung - neue Pfarreien im Schoße der alten Mutterpfarre Haag gebildet und aus Haags Pfarrgebiet ausgebrochen werden: St. Valentin, um 1050 entstanden, und Erla, ebenfalls in dieser Zeit gegründet, wurden selber wieder Mutterpfarren für St. Pantaleon (Rems, Hofkirchen als Filialen), Ernsthofen, Kanning und Aigenfließen und in allerjüngster Zeit für Langenhart. Haidershofen wurde vor 1151 aus dem Haager Pfarrgebiet ausgeschieden, das Patronatsrecht darüber erhielt im Jahre 1274 das Kloster Gleink von dem Edlen Poppo von Grünenburg übertragen, an den vielleicht noch der Name Poppenhof erinnert, St. Peter (um 1210), St. Michael und Weistrach (vor 1151) entwuchsen gleichfalls der Haager Pfarre. Für St. Michael dürfte vor der Entstehung der Kirche der Name Tramberg (heute Pfarrhof St. Michael) üblich gewesen sein. dass als Patron der heilige Erzengel Michael genommen wurde, geht auch dort wie in Haag auf Bambergs Wirken zurück. St. Michael bestand schon 1142.

Von der Bildung neuzeitlicher Pfarreien unter Kaiser Josef II. (1780 bis 1790) und nachher abgesehen, erfolgte die Abbröcklung Haager Pfarrgebietes von drei Seiten her:

  • Die Stiftung Ottos von Machland, das Nonnenkloster zu Erla, bedingte die Pfarreien Erla und St. Valentin,
  • Das seelsorgliche Wirken Gleinks und sein umfangreicher Besitz in der Haager Hofmark ermöglichten es, dass Haidershofen und Weistrach eigene Pfarren wurden,
  • Die Entwendung bambergischen Besitzes an der Url (1209) führte zur Pfarre St. Peter.

Ganz unabhängig davon wurde aber Behamberg unter dem fürs Gottesreich nimmermüden Bischof Altmann von Passau, und zwar von seinem Freunde und Gesinnungsgenossen Ottokar, Herrn auf der Styraburg und steirischem Markgrafen, gegründet und nicht aus Haager Gebiet ausgebrochen. Den Namen könnte der alte ehrwürdige Pfarrort, der noch vor 1082 entstanden sein muss,5 von einem in den Urkunden manchmal genannten Rittergeschlechte der Hofmark zu Steyr namens Behaimb erhalten haben. St. Johann in Engstetten hingegen wurde dem Wolfsbacher Pfarrgebiet entnommen.

Seelsorglich wurde Haags Wirksamkeit im Laufe von 200 Jahren (von 1032 bis 1230) also bedeutend eingeengt; dies war jedoch eine unbedingte Notwendigkeit. Leider sollte dieser Abbröcklungsprozeß der Pfarreien aber nur ein Vorspiel sein für einen ähnlichen Vorgang auf ganz anderem Bereiche, für den Zerfall der Hofmark zwischen 1300 und 1400.

Die Vogtei

Er geschah hauptsächlich durch das Amt der Vogtei, die eine Einrichtung der Rechtssprechung ist. Mord, Diebstahl, Raub, Notzucht und Brandstiftung waren im hohen und späten Mittelalter Verbrechen, die mit dem Tode gesühnt werden mussten Für sie war der Landrichter zu Enns zuständig, der von den Herzögen von Österreich bestellt wurde und in deren Namen die Hohe Gerichtsbarkeit, auch Blutgerichtsbarkeit genannt, ausübte. Alle minder strafwürdigen Fälle (causae minores) gehörten zur patrimonialen (grundherrschaftlichen) oder niederen Gerichtsbarkeit.

Rechtssprechung in der Hofmark Haag

Der jeweilige Bischof von Bamberg übte sie über alle in der Hofmark Haag ansässigen Leute aus. Nicht nur die räumliche Entfernung vom Bamberger Bischofsitz, sondern vor allem die Tatsache, dass ein geistlicher Herr nach dem Kirchenrechte nicht Richter sein durfte, auch nicht seine niedere Patrimonialgerichtsbarkeit selber ausüben durfte, zwang den Bamberger Bischof, für dieses mit der Grundherrschaft verknüpfte Amt einen weltlichen Herrn als seinen Stellvertreter einzusetzen. Dieser Mann war der Vogt. Er hatte also für Recht und Gerechtigkeit zu sorgen, aber auch Diebe und Räuber wie Mörder einzufangen und sie dem Landrichter zu Enns an der Grenze der Haager Hofmark auszuliefern. Denn als geistliches Gebiet, als eine Hofmark unter dem Krummstabe, galt für Haag das Recht der Immunität. Kein Landrichter durfte Haager Gebiet betreten: dieses Vorrecht hatten alle Bischöfe für ihre Grundherrschaften erlangt.

Das Amt eines Vogtes, eines Schützers des heiligen Rechtes, war demnach eigentlich das vornehmste, das der Bischof zu vergeben hatte. Durch Bischof Otto den Heiligen scheint die Vogtei an die mit ihm blutsverwandten Markgrafen von Steyr übergegangen zu sein, Als Steiermark an die Babenberger kam (1192), erhielten diese das Amt. Sie genossen damit wirtschaftliche Vorteile, weil ihnen ja die Untertanen der Vogtei den Vogtdienst zu zahlen hatten. dass sie das Amt selber noch ausgeübt haben, ist im Falle der Babenberger und ihres großen Pflichtenkreises in Wien kaum mehr anzunehmen. In einem solchen Falle gab es die Möglichkeit, gegen Überlassung einiger oder aller Vorteile der Vogtei einen Untervogt einzusetzen, der dann tatsächlich im Gebiete seiner Vogtei saß und waltete. Dafür kamen damals nur die Familien de Hagwalde, de Hage oder de Zaucha in Frage.

Nach dem Aussterben der Babenberger (1246) kam offenbar König Ottokar von Böhmen in den Genuß der Vogtei zu Haag, denn er war ja nun Burgherr von Steyr. Mit dem Sieg Rudolfs von Habsburg über Ottokar erwarben sich die Habsburger dieses Recht, doch Rudolf I. verzichtete zu Gunsten des Bamberger Bischofs, der wahrscheinlich Theoderich von Hagwalde als Vogt einsetzte, weil dieser der vornehmste bambergische Ministeriale in der Hofmark war.