HAAGS WEG ZUR STADT (1850 bis 1932)
a) Haag unter Bürgermeister Bachmayr (1861 bis 1892)
Zunächst sind es noch kleine Anfänge und kleine Neuerungen, die das äußere Bild des Marktes und seiner Kirche ein wenig verändern. Im Jahre 1853 ließ Pfarrer Sebastian Reichardt den Dachstuhl der Kirche ausbessern und das Kirchendach umdecken; der Aufwand betrug über 2000 fl. (Gulden). Im Jahre darauf wurden Pflaster- und Quadersteine in der Kirche gelegt. Der Pfarrhof erhielt 1853 über dem großen Saal und dem Getreidekasten ein Ziegeldach, die Toreinfahrt wurde 1854 mit Steinplatten versehen; erst im Jahre 1865 erhielt der östliche Pfarrhoftrakt wegen der gegenüberliegenden Gasthäuser ein Ziegeldach.
Kirchliches Leben
Mit der Anteilnahme am kirchlichen Leben konnte Pfarrer Reichardt zufrieden sein. Am Samstag nach dem 2. Sonntag nach Ostern - es war im Jahre 1855 - begannen in Haag die Feierlichkeiten wegen des im Vorjahre verkündeten Dogmas der Unbefleckten Empfängnis Mariens. Die einzelnen Gemeinden der Pfarre kamen prozessionsweise von allen Seiten, betend und singend, in das Gotteshaus. Bei der Vesper um vier Uhr nachmittags fasste die Kirche nicht die Menge der Gläubigen. Am Abend erschien der Markt festlich beleuchtet; Inschriften und Transparente waren angebracht, jedes Fenster hatte Lichter und die vielen Muttergottesbilder in den Fenstern boten einen ergreifenden Eindruck. Musik erhöhte die Weihestimmung und die Feierlichkeit endete mit dem Kaiserlied.
Böllerschüsse begrüßten die aufsteigende Sonne am Sonntagmorgen. Das feierliche Hochamt, das mit der Generalkommunion vier Stunden dauerte, stellte den Höhepunkt der religiösen Feier dar. Am Nachmittag veranstaltete die Pfarre eine Prozession mit einer Muttergottesstatue zum Friedhof, wo außerhalb der Mauern eine steinerne Pieta stand. Alle Beamten und sehr viel Volk beteiligte sich, die Zünfte gingen vollständig mit, 12 Jünglinge und 12 Jungfrauen mit blauen Schärpen zierten den Zug. So war dieser 29. April 1855 ein religiöses Hochfest einmaliger Art. In der darauffolgenden Woche, am 5. Mai, wütete ein schreckliches Gewitter; der Blitz schlug in den Marienaltar der Kirche, stürzte einen Reliquienschrein um, warf einen Leuchter auf den Boden und schwärzte den Goldrahmen des Marienbildes. Aber Bild und Statue blieben verschont; das Volk sagte: „Maria hat die Kirche in ihren Schutz genommen", und beteiligte sich zahlreich an der Dankandacht, die am 20. Mai 1855 gehalten wurde. Der Aufschwung, den damit die Marienverehrung in Haag genommen hatte, blieb auch in den nächsten Jahrzehnten lebendig; die im Jahre 1856 zum ersten Male eingeführten Maiandachten beweisen dies. Ebenso erfolgreich für die seelsorgliche Tätigkeit Pfarrer Reichhardts erwiesen sich im Jahre 1859 die Missionspredigten, die von sieben Jesuiten aus Baumgartenberg gehalten wurden. Als im selben Jahre eine Prozession nach Maria-Taferl aufbrach, um dort den 200jährigen Bestand der Wallfahrtskirche zu feiern, beteiligten sich 1300 Personen aus Haag an dieser Wallfahrt; eine schier unglaubliche Zahl!
Gegenkirchliche Strömung
Aber es gab nicht nur frommes Volk in Haag. Der damalige Schullehrer und gleichzeitige Mesner gehörte nicht zu ihnen; er ging nur mit Mühe einmal im Jahre zur Kommunion und verrichtete seine Mesnerdienste äußerst unwillig. Schon seit Jahren arbeitete er daran, sie abzustreifen, indem er sich an die weltliche Behörde (Bezirkshauptmannschaft) und dann an den Bischof selbst wandte. Im Jahre 1856 hat er nun sein Ziel erreicht. Seine Wohnung im Mesnerhaus neben der Kirche, wo bisher seit undenklichen Zeiten die Schulleiter gewohnt hatten, konnte er verlassen und in das Schulgebäude (Riesenfelssche Schlössel, heute Postamt) einziehen. Ein kinderloser Schneider wurde an seiner Stelle der erste Mesner in Haag, der diesen Beruf allein ausübte. Kirchendienst und Schuldienst waren damit in Haag für immer getrennt, was sogar Pfarrer Reichhardt nicht als Nachteil empfand.
Geschichtliche Ereignisse
Diese kleine Episode klingt wie ein lokales Vorspiel zu den Kämpfen, die sich bald nachher zwischen Kirche und Staat in Österreich abspielten. Noch aber hatte Kaiser Franz Josef I. den festen Willen, als absoluter Herrscher an dem Konkordat mit der Kirche festzuhalten. Allein des Kaisers Stellung wurde gewaltig durch die im Jahre 1859 gegen Italien verlorenen Schlachten von Magenta und Solferino erschüttert. Für die Verwundeten dieser blutigen Kämpfe sammelten Pfarrer Reichhardt und Kooperator Johann Dietl über 1800 Gulden, die an die Bezirkshauptmannschaft abgeliefert wurden. Das Volk gab gern und viel. Der Kaiser freilich musste seine absolute Herrschergewalt einschränken und in verschiedenen Verfassungsversuchen den Interessenvertretungen und Parteiungen ein Parlament gewähren. Da nur die reicheren Bürger das Wahlrecht besaßen, hatten die Liberalen nun Oberwasser gewonnen. Derselbe Vorgang wiederholte sich nach dem unglücklichen Kriege des Jahres 1866, in dem Österreich bei Königgrätz gegen Preußen verlor und seine letzte Stellung in Italien, das Land Venetien, aufgeben musste. Auf der inzwischen schon gebauten Westbahn (Baubeginn 1860) rollten Züge mit Soldaten von Italien über Tirol an Haag vorbei, um an der preußischen Front eingesetzt zu werden. „Wir grüßten sie, indem wir bei den Fenstern mit weißen Tüchern wehten ... Sie dankten und verstanden unsere Grüße, indem sie Hurra! riefen und mit der Musik einfielen", schrieb der damalige Pfarrer und Chronist. Nun waren die Liberalen ganz zur Macht gelangt und der gedemütigte Monarch musste im Inneren genau so nachgeben, wie er dies nach außen hin, dem siegreichen Feind gegenüber, getan hat. Das österreichische Kaiserreich wurde in die österreichisch-ungarische Monarchie umgebaut, in der Ungarn nur mehr sehr lose mit Österreich zusammenhing.
Kündigung des Konkordats
In der österreichischen Reichshälfte wurde das Konkordat mit der Kirche nicht mehr anerkannt, das neue Schulgesetz vom Jahre 1869 brachte die völlige Trennung der Schule von der Kirche, die Erhöhung der Schulpflicht auf das 14. Lebensjahr und die Ausschaltung des Pfarrers in der Schulaufsicht. An seiner Stelle wurde nun die Schulaufsicht durch die neu eingesetzten Orts-, Bezirks- und Landesschulräte ausgeübt. Pfarrer Reichhardt schrieb zu diesen Ereignissen: „Die für die gebildeten Lehrer schimpflichen und die Lehrerwürde herabsetzenden Dienste hatten aufgehört; sie konnten jetzt die Pfarrer grüßen oder es bleiben lassen, das war gleich, das letztere wurde noch lieber gesehen als das erstere, es galt als Zeichen der Aufklärung, des Fortschrittes und der liberalen selbständigen Auffassung. Ironisch fährt er fort: „Wo einen Mesner hernehmen, so geschickt, so gründlich, so genau und fleißig und so gottesfürchtig und auferbaulich als der Schulmeister war? Aber er gesteht es dann offen, dass ihm keine Verfügung der Neuzeit „angenehmer war als diese, dass wir nämlich von den Schullehrern in Sakristei und Kirche befreit worden sind".
Gewiss hat sich Pfarrer Reichhardt, als ein über 60 Jahre alter Mann, schwer getan, neben der kirchenfeindlichen Haltung, die ihm teilweise entgegenschlug, das Vernünftige und das unabänderlich Neue an all diesen einsetzenden Veränderungen anzuerkennen.
Bürgermeister Bachmayr
So empfand er es sehr bitter (und bemerkt es auch in der Pfarrchronik), dass der neugewählte Bürgermeister Ferdinand Bachmayr (als Bürgermeister 1861 bis 1892) seine Angelobung und Verteidigung nicht mehr in der Kirche, sondern im Gasthaus vornahm. Bachmayr war von Jugend an mehr auf der liberalen Seite, er hatte als Student in Wien im Jahre 1848 für seine Ideale gekämpft und konnte sie auch als hochangesehener Brauereibesitzer (sein Brauhaus ist das heutige Enengl) nicht ganz verleugnen. Für Haag hat er sich unzweifelhaft große Verdienste erworben.
Am 14. November des Jahres 1870 erschien er mit einigen Gemeinderatsausschüssen beim Pfarrer Reichhardt, um von ihm das Armeninstitut in die Hände der Gemeindeverwaltung zu übernehmen. Alle dieses Institut betreffenden Schriften, Obligationen wie das Bargeld mussten ihm gegen Empfangsbestätigung übergeben werden und damit war auch das Armenwesen von der Obhut der Kirche in die der Gemeinde übergegangen.
Gründung der Sparkasse
Um der Bevölkerung Gelegenheit zu bieten, in der Nähe ihres Wohnsitzes ohne Zeitverlust Ersparnisse anzulegen oder abzuheben, gründete Bürgermeister Bachmayr im Jahre 1871 eine Sparkasse unter Haftung der Gemeinde. Allerdings hatte er zunächst viele Gegner dieses Planes, aber er setzte sich durch und die nachfolgende Zeit hat gezeigt, dass dieser glückliche und mit Erfolg gekrönte Entschluss viel zum Aufblühen und Gedeihen Haags beigetragen hat. Noch vor Ende des Jahrhunderts (1889) wurde das schöne Sparkassengebäude errichtet. Bachmayr ist eigentlich, von seiner Abstammung her gesehen, kein Geschäftsmann; sein Vater war noch Pfleger in Salaberg und er selber hat in den Brauereibesitz hineingeheiratet. Aber seine Begabung für Dinge der Wirtschaft erwies er als erster Sparkassendirektor und als Obmann des Bezirksstraßenausschusses. Seine Stellung zur Trassenführung der Westbahn durch das Haager Gebiet ist leider nicht mehr bekannt. Wenn heute noch vielfach erzählt wird, dass sich einige Haager Besitzer gewehrt hätten, in Haag einen Bahnknotenpunkt zu errichten, so sind das unbestätigte Volksmeinungen. Es kann mit Recht bezweifelt werden, ob es überhaupt zweckmäßig gewesen wäre, die Bahn nach Steyr von Haag bereits abzweigen zu lassen. Unbestreitbar war die Trassenführung von Sankt Valentin nach Steyr leichter durchzuführen und es wurde damit den von Linz kommenden Reisenden immerhin ein nicht unbeträchtlicher Umweg erspart. Der große Bahnhof wurde zunächst eine halbe Stunde vom Markte entfernt, in Hochwall, dem alten Hagwalde, erbaut.
Die Westbahn
Diese Lösung war freilich ungünstig: nicht bloß für die geschlossenee Marktsiedlung, sondern auch für den allergrößten Teil der bäuerlichen Streusiedlungen. Bürgermeister Bachmayr arbeitete deshalb auf das Ziel hin, in unmittelbarer Nähe des Marktes wenigstens eine Zugshaltestelle zu erlangen. Er hatte Erfolg und im Jahre 1878 erhielt Haag seine Haltestelle, die seither immer größeren Personenverkehr aufweisen konnte als der Bahnhof, der mehr dem Gütertransporte dient.
Bachmayrs größte Leistung war die Erbauung einer neuen Volksschule. Hat ursprünglich das Mesnerhaus als Schule gedient, so musste bereits im 18. Jahrhundert das Weiß'sche Haus und das Haus des Buchdruckers Huber zur Unterbringung von Klassen dienen, Dechant Perschi hat dann zwar im Jahre 1804 das Riesenfels-Schlösschen gekauft und für den Schulbetrieb der Pfarrgemeinde geschenkt, aber auch diese Heimstatt war unserer Jugend zu klein geworden.
Die neue Schule
Bereits im Jahre 1871 waren die bisher bestehenden drei Klassen unserer Schule nach den beiden Geschlechtern getrennt worden, so dass es in Haag von nun an sechs Klassen gab: drei Bubenklassen mit drei Lehrern und drei Mädchenklassen mit drei Lehrerinnen; 1873 wurde die dreiklassige Schule in eine fünfklassige umgewandelt und die Trennung in eine Buben- und eine Mädchenklasse nur in der letzten, der 5. Klasse, durchgeführt. Somit gab es auch jetzt eigentlich sechs Klassen, die ebensoviel Lehrer und ebenso viele Klassenzimmer benötigten. Im Jahre 1876 musste die Schule sechsklassig ohne jede Trennung nach Geschlechtern geführt werden. Die Schülerzahlen stiegen aber weiter an, und eine Geschlechtertrennung in der letzten Stufe empfahl sich besonders stark, so dass jetzt eigentlich sieben Klassen erforderlich waren. Wohin mit der Jugend? Eine neue, geräumigere Schule musste gebaut werden und am 8. September 1878 konnte sie in Anwesenheit des Statthalters Konrad von Eybesfeld und des Landesschulinspektors Vinzenz Adam feierlich eingeweiht werden. Damit war vorläufig das Schulproblem in Haag gelöst, es konnten nunmehr sechs Klassen geführt werden, von denen zwei als Parallelklassen eingerichtet wurden. Diese Regelung überdauerte die Jahrhundertwende (1900).
Das bisherige Schulgebäude wurde anderweitig verwendet; das Postamt hielt dort seinen Einzug, der obere Stock konnte als Wohnung für Beamte dienen. Die neue Schule aber, auf ehemaligem Grund des Haager Pfarrhofgartens erbaut, steht seither, achtunggebietend mit ihren zwei Stockwerken, an einer zentralen Stelle des Marktes; sie trägt sehr dazu bei, der gesamten geschlossenen Siedlung ein stattliches Aussehen zu geben. Besuchten im Jahre 1850 nur 293 Haager Kinder die Schule, so gab es im Jahre 1900 insgesamt 478 schulpflichtige, und zwar 251 Knaben und 227 Mädchen.
Reichardts Wirken
Die Weihe der neuen Schule wurde bereits durch den neuen Pfarrer Medardus Seeland vorgenommen. Pfarrer Reichhardt war 1876 gestorben, nachdem er 25 Jahre lang die Pfarre geleitet hatte. Am Schutzengelsonntag des Jahres 1872 hat er noch 500 Haager zu einer großen Wallfahrt nach Maria-Taferl vereinen können. Um 11 Uhr war der Sonderzug von Hochwall abgegangen und um 2 Uhr in Marbach angekommen; die Ankunft in Maria-Taferl erfolgte am späten Nachmittag, eine Menschenmenge von 1200 Personen, aus St. Pölten die Domherren, waren dort bereits versammelt. Reichhardt hielt ihnen allen eine hervorragende Predigt. Im folgenden Jahre verwandte er seinen ganzen Einfluss, um das Geldfieber, das seine Haager ergriffen hatte, etwas einzudämmen. Die „Gründerzeit" ließ Unternehmungen um Unternehmungen aus dem Boden sprießen, für die es schließlich doch nicht die geeigneten wirtschaftlichen Voraussetzungen gab.
Das Goldfieber in Haag (Gründerzeit)
In Haag war besonders das Konsortium eines gewissen Placht beliebt, der später wegen Betruges verurteilt wurde und nach Stein ins Gefängnis wandern musste. „Ich trug im hiesigen Casino diesen Gegenstand wiederholt vor und zeigte, dass diese Manipulation reiner Schwindel sei", schreibt Reichhardt in der Pfarrchronik. Es scheint nichts genützt zu haben. Am 13. Mai dieses Jahres kam es in Wien zum großen Börsenkrach „und hin waren die Summen, die die Plachtianer nach Wien geschickt haben ...". „Da sah man auch in Haag verdrießliche Gesichter; die meisten waren ganz stille und schämten sich, etwas zu sagen".
Reichhardt hat in allen Dingen mit seinem Haag gefühlt und sich selber immer auch als Haager Sohn bekannt. Alles, vom Gedeihen des Kornes und des Rapses angefangen bis zu den kulturellen Kämpfen und ihren Auswirkungen in Haag selbst, hat er mit offenem Blick verfolgt und mit offenem Worte dazu Stellung genommen. Die sich ständig zum Schlechten verändernden kirchlichen Verhältnisse wirkten auf seine Gesundheit und sein Gemüt nachteilig ein; so sehr hat ihn alles berührt. Trotz seiner leicht erregbaren Natur hatte er ein gutes Herz für seine Kapläne. „Man muss sie gut halten, sie müssen auch arbeiten", war sein Standpunkt. Als er am 13. März 1876 starb, hinterließ er sein ganzes Erbe der Pfarrkirche zu Haag.
Pfarrer Seeland
Der Nachfolger, Medard Seeland, stammte aus Gansbach, wo er 1810 geboren war. Dreißig Jahre war er bereits Pfarrer in Strengberg gewesen, ehe er als 66jähriger die Pfarre Haag antrat; sein Alter erlaubte ihm begreiflicherweise keine allzu große und tiefgreifende Wirksamkeit mehr. Immerhin hat er, was Reichhardt eingeführt hatte, getreu fortgesetzt: die Maiandachten und die alljährliche Kirchhofprozession am Allerheiligentage nachmittags (seit 1874). Gleich nach seinem Amtsantritt hat er (1876) für die Kirche ein Heiliges Grab angekauft, zwei Vorhallen zur Abwendung des heftigen Luftzuges in der Kirche errichten, den Kreuzweg, der 1717 von P. Hueber gemalt, renovieren und den Kirchweg mit Granitsteinen pflastern lassen.
Auch der barocke Altar - mit der Darstellung der Kirchengründungssage - missfiel dem neuen Pfarrherrn sehr. Er konnte ihn nicht lange ansehen und ließ ihn im Jahre 1878 entfernen, um mit dem neugotischen Altarhochbau und seinen holzgeschnitzten, nicht gerade künstlerisch bedeutenden Stilelementen der Pfarre eine Weihnachtsfreude zu machen.
Regotisierung der Kirche
Mitten in diesen unangebrachten, aber der damaligen Zeitmode sehr entsprechenden „Regotisierungen" erreichte Pfarrer Seeland der Einspruch des Denkmalamtes und zwang ihn zur Einstellung seiner weiteren Pläne und seiner Arbeiten. In der Schule hat Pfarrer Seeland sich großer Wertschätzung erfreut, und wer etwa von den heute noch lebenden Haagern vor 1890 bei ihm in die Schule gegangen ist, wird seiner dankbar gedenken.
Dechant Höllrigl hat dann etwas später die Regotisierung unserer Kirche fortgesetzt und keinen Einspruch von Kunstämtern mehr erfahren. Den Hochbau des alten Altares mit dem bedeutungsvollen Gemälde und den Gründerstatuen ließ er in alle Winde zerstäuben, das Fresko des Engelsturzes an der Decke des Priesterchores herunterschlagen. Dazu meinte er, dass es ohnedies überall Teufel genug gäbe und wir in der Kirche keine mehr brauchten. An der Ostmauer unseres Kirchturmes leuchtete einst St. Michaels Bild, dass die Haager es von weitem sehen konnten. Es wurde entfernt und nur mehr ein weißer Fleck, sich leicht vom übrigen abhebend, erinnert daran.
Auch die Seitenaltäre mussten nach 1890 unter Dechant Höllrigl der Neugotik Platz machen. Trotz allem wurde ganz Bedeutendes geleistet. Schon die 50.000 Gulden Restaurierungsauslagen beweisen dies. Sowohl die gesamte Gemeinde als auch einzelne Familien spendeten mit großem Opfermut. Für den Hochaltar, ein Werk Unterbergers in Gmunden, zahlte die Gemeinde 3300 Gulden, den Marienaltar von Westerreicher in Linz stiftete die Familie Eder (1400 Gulden), den Kreuzaltar hatte mit 1300 Gulden Michael Dierer auf sich genommen, und für die Kanzel bezahlte wiederum die ganze Gemeinde 1300 Gulden. Der von Dichtl geschnitzte Kreuzweg kostete gar 2000 Gulden, welche die Familie Eder bestritt. Die Arbeiten an und in der Kirche wurden im Jahre 1892 mit der Erhöhung des Turmdaches abgeschlossene. An Stelle des alten geschwungenen Schindeldaches wurde ein spitzer Helm, ganz aus Kupferblech gedeckt, dem Turme aufgesetzt, der damit eine Höhe von 63.5 Meter erreichte und um 14 Meter höher als früher wurde. Am 8. September 1892 wurde das neue Turmkreuz aufgezogen und angebracht.
So hat Haag noch, solange Bürgermeister Bachmayr seines Amtes waltete, manches getan, was das äußere Bild des Marktes änderte und mehr dem einer Stadt anglich; und wie zu allen Zeiten war auch jetzt wieder die Umgestaltung der Kirche mit größeren Bauten im Markt Hand in Hand gegangen.
Vereinsleben
Auch das Vereinsleben entfaltete in diesen Jahrzehnten seine Blüte: 1862 war ein landwirtschaftlicher Verein mit 645 Mitgliedern gegründet worden, dem sich 1891 ein landwirtschaftliches Kasino hinzugesellte (250 Mitglieder). Der Militär-Veteranenverein entstand 1874 mit 105 Mitgliedern. Vom sangesfreudigen Haag zeugten der Musik- und Gesangverein (1875 gegründet) und der Männergesangverein „Liedertafel" (1886 gegründet) wie auch die Ortsgruppe des allgemeinen „Richard-Wagner-Vereines". An die 60 Mitglieder Schlossen sich im Jahre 1866 zum Turnverein zusammen, der anfangs stark im Zeichen Bismarcks und einer romantischen alldeutschen Gesinnung stand. Seit 1880 sorgt eine freiwillige Feuerwehr für den Schutz bei Feuer- und Unwetterkatastrophen.