DAS LEBEN AUF DEN ADELSSCHLÖSSERN BAROCK UND ROKOKO
Hohberg als Dichter
Als nächstes Werk schrieb Hoberg die „Unvergnügte Proserpina", ein Thema, das ihm wiederum Gelegenheit bot, das Lob des Landlebens breit vorzutragen. Der „Habsburgische Ottobert", etwa 1656 oder 1657 auf Schloss Rohrbach begonnen, ist Hohbergs umfangreichste Dichtung, ein Roman in 40.000 Versen und das Preislied aller adeligen Tugenden: Beherrschtheit, Tapferkeit, Heldenruhm, großzügige Milde und Gerechtigkeit, die alle unter den Ahnen des „hochlöblichsten Hauses Österreich (=Habsburg) zu finden sind". Das Epos ist ganz erfüllt von Hohbergs edler Denkweise, die er schon früh erprobt hatte, als er seit seinem 20. Lebensjahre und durch mehr als ein Jahrzehnt im Militärdienst der kaiserlichen Armee stand.
Mit der „Georgica curiosa" oder „Adeliges Land- und Feldleben" hat er schließlich das bedeutendste Werk der landwirtschaftlichen Literatur des 17. Jahrhunderts geschaffen, zwei Bände in Prosa mit vielfältigsten Anweisungen, wie ein Grundstück beim Kauf einzuschätzen ist, wie Mühlen, Steinbrüche, Ziegelöfen geführt werden sollen, wie das Verhältnis des „Hausvaters" zu Frau und Kindern, zu Knechten und Mägden sein soll. Hohberg behandelt die Pferdezucht genau so wie die Kultur der Bienen und Seidenraupen, die Anlage von Fischteichen wie die Forstwirtschaft, so dass manche. mit Recht sein umfangreiches Werk ein Lexikon für den Landwirt genannt haben. Sogar über Bierbrauen und Schnapsbrennen konnte der Landadel darin lesen. Das Buch hatte unzweifelhaft eine überragende Bedeutung für ganz Mitteleuropa; was aber Hohberg darstellte, ist alles aus dem Leben seiner Herrschaften, aus eigener Anschauung geschöpft, vielfach auf Haager Boden gewachsen.
Hohberg als Herrschaftsbesitzer
Über die Charaktereigenschaften Hohbergs als Herrschaftsbesitzer gewinnen wir den besten Einblick aus der „Georgica curiosa". Er tritt uns darin als gottesfürchtiger Mann entgegen, der sich der Verpflichtungen eines Herren gegen seine Untertanen vollauf bewusst war. Von seinen Standesgenossen forderte er „Es soll eine christliche Obrigkeit sich billig hüten, die, armen bedrängten Untertanen nicht zu überladen, sondern mit ihrer billigen Schuldigkeit vorlieb nehmen, sie nicht mit Übersatz und Neuerungen steigern, sondern sie schützen, befördern und ihnen, wie sie kann und mag, helfen, die Gerechtigkeit handhaben, die Freveltaten zähmen, die Unterdrückten retten, ihre Freiheiten und althergebrachten löblichen Bräuche nicht wegreißen und vergewaltigen, sie willig hören, sanftmütig verabschieden, sich mit keinem Ausspruch vor Vernehmung und Untersuchung beider Parteien Recht präcipitieren (= das Urteil vorwegnehmen), nie nach eigenen Begierden, sondern nach Billigkeit handeln und allzeit gedenken, dass - wie gegen ihre Untertanen - auch Gott gegen sie verfahren werde. (Georgica curiosa I, 71.)
Wenn wir auch über Hohbergs Tätigkeit als praktischer Landwirt aus seinen Schriften nichts erfahren, so ist doch aus seiner theoretischen Haltung zu allen agrarwirtschaftlichen Fragen zu schließen, dass er seine darin aufgestellten Ansichten in seinen Grundherrschaften, und vornehmlich auf seinem selbstbewirtschafteten Boden nach Möglichkeit zu verwirklichen trachtete. Vom Waldviertel her, wo er früher Grundbesitz hatte, kannte er eine andere Art der Viehzucht, als sie in der Haager Gegend gebräuchlich war: er wendet sich daher gegen die Stallfütterung, bei der man weniger Rinder halten kann, und ist ganz für die Weidewirtschaft eingenommen. Er empfiehlt, den Kleesamen aus der Welser Gegend zu beziehen, wo sich der beste vorfinde. Merkwürdigerweise beschreibt er die Verwendbarkeit der Kartoffeln schon ziemlich genau, kennt sie jedoch nur als Gartenpflanzen. (Kartoffelbau wurde damals nur in einigen Stiften und Adelssitzen als eine Kuriosität gepflegt und hat durchaus noch nicht allgemeine wirtschaftliche Bedeutung gehabt.) Obwohl persönlich ein Gegner des „Tabaksaufens", gibt er gründliche Anleitungen für den Tabakbau, der damals auch erst allmählich in Mitteleuropa eingeführt wurde.
Landwirtschaft der Barockzeit
Hohberg war ein Gelehrter aller Land- und forstwirtschaftlichen Wissenschaften, aber es ist ihm nicht gelungen, sich in Rohrbach und Klingenbrunn wirtschaftlich emporzuarbeiten. Freilich wissen wir gar nichts über seine Finanzlage, die ihn im Jahre 1664 bewogen hat, seine Grundherrschaften an den niederösterreichischen Regimentsrat Matthäus von Risenfels zu verkaufen. Vermutlich war aber doch die Geldknappheit die Schuld an dieser seiner Handlungsweise; an eine grundsätzliche Abkehr vom Landleben oder an ein Wegziehen aus dem Mostviertel konnte er damals noch nicht gedacht haben, denn er nahm ja die zwischen Enns und Donau gelegene Herrschaft St. Pantaleon in Pacht. Erst einige Jahre später zog er sich ganz vom Lande zurück und ging nach Regensburg, der freien Reichsstadt mit den meisten österreichischen Exulanten. Hierbei haben nun konfessionelle Gründe mitgespielt. Wolf Helmhard war ja in echter Überzeugung seinem evangelischen Bekenntnisse zugetan, und wenn es auch dem niederösterreichischen und schlesischen Adel erlaubt war, sich sogar nach dem Westfälischen Frieden (1648) als Lutheraner zu bekennen, so war ihnen doch die praktische Ausübung ihres Religionsbekenntnisses, das Halten von eigenen lutherischen Prädikanten, nunmehr verboten. In Regensburg konnte Hohberg im Kreise seiner österreichischen protestantischen Freunde überdies noch mehr Musse und Anregung für seine dichterische Betätigung erhoffen. Ungeachtet seiner religiösen Überzeugung blieb er nach wie vor ein treuer Anhänger des habsburgischen Hauses, dem er freiwillig längere Zeit als Hauptmann gedient hatte.
Verkauf Rohrbachs und Klingenbrunns
Mit dem Kaufvertrage von 1664 wurde wiederum ein Urbar von Helmhard von Hohberg eigenhändig angelegt. Daraus erfahren wir einiges über das Hafnerhandwerk in der Haager Gegend, was ohnedies schon in anderem Zusammenhang erwähnt wurde. Die Abgaben und Dienste der einzelnen untertänigen Bauern werden genau aufgezählt. Der Muckenlehnerhof, einer der stattlichsten, trug allein der Herrschaft jährlich 17 Gulden, 1 Schilling, 28 Pfennige und hatte als Kucheldienst zwei Gänse, zwei Käselaib und 120 Ostereier zu liefern.
Die Riß von Risenfels
Die bürgerliche Familie Riß stammte aus Tirol, war gut katholisch und gleich anderen Tiroler Familien in der Gegenreformation nach Steyr gezogen. Matthäus Riß besaß dort bereits im Jahre 1623 das Bürgerrecht. Katholiken wurden damals ja gerne in den Städten und Märkten als Bürger aufgenommen, um die empfindlichen Lücken zu füllen, welche die zumeist nach Deutschland abgewanderten Protestanten gerissen hatten. Einen Wappenbrief hatte die Familie Riß bereits von ihrem tirolerischen Landesfürsten, dem Erzherzog Sigismund, erhalten, und Matthäus Riß, mit Margarete Ringler verheiratet, gelangte in wenigen Jahren durch seinen Eisenhandel in Steyr zu Ansehen und Vermögen. 1631 kam er in den Stadtrat. Gleich den Kölnpeck und anderen reich gewordenen Bürgern strebte er den Besitz einer Grundherrschaft an, um dadurch mit der Landstandschaft den Adel zu erwerben. Zunächst kaufte er das Schloss Engelsegg, das er neu aufbauen ließ, legte 1657 das Bürgerrecht in Steyr nieder, erwarb sodann Oberaichet bei Steyr und die Herrschaft Seiseneck (zwischen Amstetten und Blindenmarkt), kaufte Schloss und Hofmark Schwendt mit Kalling anno 1661 und schließlich Rohrbach und Klingenbrunn im Jahre 1664. Er muss sich demnach als Steyrer Handelsherr ein sehr stattliches Vermögen erwirtschaftet haben. Schon in Steyr erreichte er von Kaiser Ferdinand II. am 18. September 1636 die Erhebung in den rittermäßigen Reichsadel mit dem Adelstitel von Risenfels. Als Landedelmann blieb er zeitlebens in ständiger Fühlung mit der Stadt Steyr. Er starb dort 1668 und wurde in der dortigen Dominikanerkirche begraben.
Herkunft der Risenfels
Seine Gemahlin, die vor ihm 1655 gestorben war, hinterließ ihm zwei Söhne, von denen der ältere, Franz Matthäus, nach dem Tode seines Vaters Besitzer von Rohrbach und Klingenbrunn wurde. Von Kaiser Leopold I. am 12. September 1686 in den erblichen Freiherrnstand erhoben, ist er zum Stammvater der noch heute blühenden freiherrlichen Familie der Risenfels geworden. Die kaufmännische Erbanlage seines Vaters bewies er vortrefflich beim Bergbau auf Kupfer in der steirischen Radmer. Er besaß den Hauptanteil der dortigen Kupfergruben, die nach seinem Tode sein gleichnamiger Sohn Franz Matthäus II. die 1706 gegründete „Neue Kupferkompanie" um 51.726 Gulden verkaufte.
Risenfels als Besitzer Rohrbachs
Nach dessen frühem Tode kam Rohrbach und Klingenbrunn zunächst an seinen Bruder Andreas Achilles, und da dieser unvermählt blieb, an seinen Neffen Ferdinand Heinrich, Freiherrn von Risenfels. Als Ferdinand Heinrich im Jahre 1754 starb, kamen die Herrschaften an den Freiherrn Philipp Franz (geb. 18. 8. 1725, gest. 8. 9. 1787), seinen Sohn, von diesem wieder an Theodor Felix (geb. 7. 6. 1752), unter dessen Regierung sich die einschneidensten Veränderungen mit Rohrbach und Klingenbrunn vollzogen. Zunächst wurde Rohrbach durch Anordnung Kaiser Josefs II. (1780-1790) aus Haag ausgepfarrt, schließlich verlor 1803 das Hochstift Bamberg seine Oberlehensherrschaft über Rohrbach im Zuge der Säkularisation alles Kirchengutes. Das adelige System, das in den Risenfels so mächtige Vertreter gefunden hatte - so war z. B. Ferdinand Heinrich Ministerresident zu Graubünden - geriet durch den neuen Geist der französischen Revolution, durch die Forderung nach Freiheit und Gleichheit beträchtlich ins Wanken. Es sollte bald ganz stürzen.
Theodor Felix, k. k. Kämmerer, Geheimer Rat und Oberstabelmeister, starb unvermählt am 23. 7. 1832. Er hinterließ Rohrbach-Klingenbrunn dem Sohne seines Bruders, dem Frei- und Panierherrn Philipp von Risenfels (geb. 13. 8. 1793), k. k. Kämmerer, Ritter des königl. bayr. St. Georgs-Ordens, der noch einmal Seiseneck, Rohrbach, Klingenbrunn, Schwendt und Kalling in einer Hand vereinigte. Er musste es aber erleben, dass durch die Revolution des Jahre 1848 die Bauern von allen Lasten ihrer Untertänigkeit befreit wurden, keine Zehenten und Zinse mehr zu zahlen, keine Roboten mehr zu leisten hatten, dass der Baron zu Rohrbach nicht mehr ihr Herr war. Was den Herrschaften verblieb, war allein der alte, selbstverwaltete Dominikalbesitz. Das Schloss Klingenbrunn, 1487 von den Rohrbachern erbaut, war ohnedies schon rein äußerlich dem Verfalle nahe; es hatte keinen Zweck mehr, da es keine Herrschaft Klingenbrunn mehr gab, und konnte auch mit dem Dominikalbesitz allein nicht aufrechterhalten werden. Der Abbruch des Schlosses wurde daher durch Baron Philipp verfügt und 1848 durchgeführt.
Abbruch des Schlosses Klingenbrunn
Äußeres Zeichen und wirkliche Herrschaft der Risenfels über Haager Grund und Boden waren damit gleichzeitig gefallen. Das Schloss Rohrbach allerdings blieb als Wohnstätte der Barone in gutem Zustande erhalten. Von hier aus wurde der Dominikalbesitz, soweit er in den Pfarren Weistrach und Haag lag, weiter verwaltet. Schwendt und Kalling verkaufte Freiherr Philipp im Jahre 1850 - auch hier war ja die eigentliche Herrschaft verloren gegangen. Seiseneck überließ er noch bei Lebzeiten seinem ältesten Sohne Ferdinand, Rohrbach ging nach seinem Tode (6. 12. 1871) im Erbwege zu gleichen Teilen an seine fünf Söhne über, von denen aber nur einer, Freiherr Maria Theodor, sich eines längeren Lebens erfreuen konnte. Dessen Neffe Philipp (geb. 2. 3. 1860) wurde Erbschaftsanwärter.
Baar Barenfels
Im 20. Jahrhundert geriet das nunmehr zu Weistrach gehörige Schloss auf dem Erbwege an die Familie Baar von Baarenfels. Major Eduard Baar hat den ersten Weltkrieg als Truppenoffizier mitgemacht, widmete sich hernach der Bewirtschaftung seines Grundbesitzes Rohrbach, nahm an den Anfängen der Heimatschutzbewegung lebhaften Anteil und rückte schließlich an die Spitze dieser Bewegung in Niederösterreich. In ihm stellte noch einmal Schloss Rohrbach eine für die österreichische Innenpolitik bedeutende Persönlichkeit.
Bauliche Veränderungen in Rohrbach
Kehren wir zurück zur älteren Geschichte! Das Schloss Rohrbach hatte zwar mit seinem Besitzer Wolf Helmhard von Hohberg einen der hervorragendsten Adeligen auf geistigem Gebiete und in den Risenfels ein reiches und mächtiges Geschlecht im Haager Gebiet aufzuweisen, das Leben auf Rohrbach selber hat sich jedoch nie so prunkvoll entfaltet und wurde für Haag nie so maßgebend wie das auf Schloss Salaberg. In Rohrbach blieb alles mehr einem bedächtigen und bodenverbundenem Barock verhaftet, die spielerische Zier des Rokokoadels hat weit mehr in Salaberg ihren Ausdruck gefunden. Gewiss geschah auch auf Rohrbach manches für die Kunst und den verfeinerten Lebensstil - ein Kremser Schmidt-Gemälde, die Beichte der böhmischen Königin beim hl. Johann Nepomuk darstellend, Parkanlage und die Hauskapelle bezeugen es -, eine wahrhaft großartige Bautätigkeit finden wir aber doch nur in Salaberg. Die Risenfels, vor allem Matthäus und sein Sohn Franz Matthäus I., haben sich ihr Schlössel ohne Zweifel sehr wohnlich eingerichtet: unter ihnen dürfte das Stockwerk aufgesetzt worden sein, da es bei G. M. Vischers Abbildung aus dem Jahre 1672 noch nicht zu sehen ist und doch baulich aus barocker Zeit stammt.
Schloss Salaberg allerdings erhielt in dieser Periode den dreifachen Umfang seiner ursprünglichen Ausdehnung.