Haus-Chroniken von Haag

Nach Katastralgemeinden - von damals bis heute

Sonntag, 2. Oktober 1932

  • 10.00 Uhr Bauerntagung im Gasthof Forstmayr. Spre­cher: Bundeskanzler Dr. Engelbert Dollfuß, Minister a. D. Rudolf Buchinger.
  • 10.00 Uhr Beginn des Preisspieles der Musikkapellen am Ausstellungsplatz. Preisverteilung.
  • 11.00 Uhr Vierteltagung des Kleidermachergewerbes im Gasthof Schafelner.
  • 15.00 Uhr Monsterkonzert, veranstaltet von zehn Mu­sikkapellen.
  • 15.30 Uhr Freilichtaufführung des Haager Festspieles am Kirchenplatz.
  • 18.00 Uhr Offizieller Schluss der Ausstellung.

Die große Bauerntagung und das Monsterkonzert — Er­eignisse von nicht gewöhnlicher Bedeutung im Rahmen der Festlichkeiten — bewirkten einen wahren Massenzu­strom.

Bei der Tagung der Bauern sprach neben Bundesmini­ster a. D. Rudolf Buchinger auch der Regierungschef, Bundeskanzler Dr. Engelbert Dollfuß. Es wurde vorge­sorgt, dass mittels Lautsprecheranlagen die Reden auf dem Hauptplatz und in den umliegenden Gasthöfen ver­nommen werden konnten. Das Referat des Bundeskanz­lers war gekennzeichnet von der politischen Lage, die damals in Wien vorherrschte. Er sprach auch über die Krise in der Weltwirtschaft, die Österreich sehr hart treffe, und dass alle, besonders die Arbeitslosen, zu lei­den haben. Mit einem Appell zur Einigkeit schloss er sei­ne Rede.

Zur selben Zeit fand auch ein Wertungsspiel von sieben Musikkapellen statt, an welchem sich die Musikvereine von Aschbach, Ebelsberg, Garsten, Kleinraming, Kürn­berg, Haag und Seitenstetten beteiligten. Den ersten Preis, ein von den Haager Frauen gespendetes Flügel­horn, erkämpfte sich die Musikkapelle Garsten, den zweiten, eine Violine, die Musikkapelle Haag, den drit­ten, eine Trompete, die Musikkapelle Ebelsberg. Die vielen Zuhörer belohnten die hervorragenden musikali­schen Leistungen mit reichlichem Applaus.

Der Nachmittag bescherte den Besuchern eine nette Überraschung. Rund 700 Wiener trafen mit dem soge­nannten „Zug ins Blaue" am Bahnhof ein, wo sie von der Stadtvertretung und der Schuljugend, die sie mit dem Lied „In Nußdorf und in Grinzing, in Baden und Vöslau" begrüßte, geradezu stürmisch empfangen wur­den.

Beim Monsterkonzert unter der Leitung des Kapellmei­sters Ferdinand Harmer beteiligten sich über 300 Musi­ker. Die Musikstücke: „Haager Festmarsch" von Ferdi­nand Harmer, „Die Savoyarden", Ouvertüre von J. Of­fenbach, „In der Waldschmiede" von R. Eilenberg, „Deutsch über alles", Potpourri von J. Glinsner und „Mein Österreich", Marsch von Preiß, wurden meister­haft vorgetragen; der verdiente Beifall blieb nicht aus. Die Festspielleitung entschloss sich, da bisher alle Auf­führungen ausverkauft waren, den letzten Tag mit zwei Darbietungen zu krönen.

Damit war das sehr gut verlaufene, vom Wetter begün­stigte Fest zu Ende. Das Zusammenarbeiten aller Stän­de, Vereinigungen und Körperschaften war schon vor fünfzig Jahren der Schlüssel zum guten Gelingen großer Feste. Diese Tugend hat man auch in den letzten Jahrzehnten weiter gepflegt; sie trug stets aufs neue viel zum Ansehen unserer Heimatstadt bei. Dies wolle auch ein gutes Omen für die weitere Zukunft unserer Heimat sein.

Liedworte aus dem Haager Festspiel im Jahre 1932 von Prof. Dr. Josef Wagner:

Aber wann mi wer fragat uni mei' Herzstadt i wett,
I wüßt was i sagat, ob's enk recht is oder net!
Wia a kernfrisches Madl, so an Buam va mein Schlag,
Bist ma liab, du mein Stadt'l, mei Herzstadt sei Haag.