MGV-Liedertafel Haag
Die vereinsrechtliche Bildung einer Chorgemeinschaft, die sich zur Aufgabe stellt, die Pflege des Gesanges statutenmäßig zu verankern, geht in Haag auf das Jahr 1860 zurück. Wie beseelt die Vereinsmitglieder vor rund 120 Jahren waren, beschreibt der erste Chronist der Liedertafel, Lehrer Gustav Vetter, mit folgenden Sätzen: „Das Singen und seine verbindende Kraft sind den Vereinsmitgliedern hohes Ideal.
Die Liebe zum Gesang ist den Menschen gleichsam angeboren, wir finden darum auch die Tonsprache überall als die gleiche Sprache der Völker. Der Mensch bedarf des Gesanges, es ist in der Tat etwas Wunderliches, etwas unendlich Schönes um den Gesang, den man mit Recht als einen Hochgenuss des Lebens preisen kann. In ihm liegt eine geistige Macht verborgen, die mit Zauberkraft auf das Gemüt des Menschen wirkt; er mildert die Trauer der Seele, besänftigt das Weh des Herzens, erhöht jede Freude, begeistert zu allem Edlen und Guten und ist Lohn, der reichlich lohnet."
Mit diesem Leitgedanken hat der Organist Martin Sinkinger im Jahre 1886 den Männergesangverein (MGV) unter dem neuen Namen „Liedertafel" aus der Taufe gehoben. Drei Jahre später, 1889, berichtet die Chronik von der Gründung eines eigenen Blas- und Streichorchesters. Schon in den ersten Jahren zählte der MGV über 25 Sänger, darunter waren auch Männer aus den umliegenden Gemeinden. Die jährlich drei satzungsmäßigen Konzerte und die regelmäßigen Silvesterfeiern gehörten um die Jahrhundertwende zu den gern besuchten Darbietungen.
Am Fortbestand und an dem errungenen Ansehen haben stets tüchtige Chorleiter, Vorstände und Funktionäre ihren gebührenden Anteil. Die Vereinsgeschichte erwähnt hier bis vor dem Zweiten Weltkrieg folgende Personen: Franz Loidl als Chorleiter, Andreas Winter, den Älteren, als Vorstand, den Jüngeren als Chorleiter und Orchesterdirigenten. Äußerst verdienstvoll ist das Wirken des langjährigen Vereinsvorstandes Kommerzialrat Karl Bilek vermerkt. Er war auch Obmann des Sängergaues Ostmark und Mitglied der Bundesleitung. Ferdinand Harmer, Chor- und Orchesterdirigent von 1919 bis 1952, bekam wegen seiner jahrzehntelangen Dirigentenschaft den Titel eines Ehrenchormeisters zugesprochen. Auch seine Frau, Anna Harmer, war an den Erfolgen bei den musikalischen und gesanglichen Aufführungen als ständige Korrepetitorin am Klavier maßgeblich beteiligt.
Festkonzerte im Ort, Gausängerfeste und Sänger-Bundesfeste waren auch in der Zwischenkriegszeit große Höhepunkte im Vereinsleben; besonders aktiv wirkte der Chor bei den Jubiläumsfeierlichkeiten im Jahre 1932 mit.
Das Foto von der 50-Jahr-Feier des MGV im Jahre 1936 kündet von 33 aktiven Sängern, die ihr „Goldenes Jubiläum" mit beachtlichen Konzerten zu gestalten verstanden.
Andere Städte nachahmend, bildete sich 1937 innerhalb der Liedertafel ein Damenchor, der, kriegsbedingt wie der Männerchor, 1940 den Singbetrieb einstellen musste. Unter Chormeister Ferdinand Harmer und Obmann Andreas Winter kam es ab 1951 zur Wiederaufnahme des Singens und Musizierens. Die Begeisterung zu großen Leistungen war allseits vorhanden und gipfelte in der größten Aufführung der Nachkriegszeit durch das Oratorium „Das Lied von der Glocke" von Andreas Romberg im Jahre 1952. Das meisterhaft bewältigte Chorwerk wurde unterstützt durch Sängerinnen und Sänger der beiden anderen Haager Chöre und begleitet durch das Streichorchester der Liedertafel.
Eine echte Pionierarbeit war das Einbeziehen von Damen in das Chorgeschehen der Liedertafel. Es war nicht leicht, das allseitige Verständnis für einen gemischten Chor zu gewinnen. Im Jahre 1955 war es dann soweit, und Frau Rosl Königshofer baute diesen zweiten Chor mit viel Elan auf und leitete ihn bis 1970. Seither singen im MGV „Liedertafel" zwei Chöre: Männerchor und Gemischter Chor.
Die Rundfunkaufnahmen für Chorsendungen sowie das Mitwirken bei Live-Aufnahmen des ORF, die Teilnahme an Kreis-, Landes- und Sänger-Bundesfesten, die der Liedertafel ausgezeichnete Erfolge brachten, die Mitgestaltung bei kirchlichen und weltlichen Festivitäten und schließlich die jährlichen Vereinskonzerte sind Beweise für das überaus rührige chorgesangliche Schaffen.
Die zu Weihnachten 1978 in unserer Pfarrkirche dargebotene Aufführung „Historia der Geburt Christi" von Heinrich Schütz ist allen Beteiligten und Zuhörern noch heute in bester Erinnerung. Ein weiterer Triumph der Liedertafel war das Auftreten des Gemischten Chores anlässlich des Internationalen Chorwettbewerbes 1981 in Limburg/Lahn, BRD, wobei die Haager unter 90 teilnehmenden Chören aus 25 Nationen den vierten Platz erreichen konnten. Zur stolzen Bilanz der Liedertafel verhalfen nach Andreas Winter und Ferdinand Harmer folgende Persönlichkeiten: Anton Gassner, Dr. Bruno Zink, Hofrat Carl Stelzhammer und Erich Mair (seit 1967, derzeit auch Vorstand des Sängerkreises Alpenvorland) als Vorstände; Frau Rosl Königshofer, Franz Rauchegger, Professor Emmo Diem und Edgar Wolf (der auch Kreis- und Bundeschorleiter ist) als Chorleiter.
Im Jahre 1981 wirkten in beiden Chören 89 Sängerinnen und Sänger mit.