Haus-Chroniken von Haag

Nach Katastralgemeinden - von damals bis heute

Die Sparkasse Haag - unser ältestes Sparinstitut

Von Josef Breiteneder

Am 29. August 1870 beschloss der Ausschuss der Ortsge­meinde Markt Haag unter dem Vorsitz des Bürgermei­sters Ferdinand Bachmayr die Gründung einer Sparkas­se unter Haftung der Marktgemeinde Haag. In den am 8. Juni 1871 von der k. k. Statthalterei genehmigten Sat­zungen hieß es, den minderbemittelten Volksklassen sol­le Gelegenheit geboten werden, in der Nähe ihres Wohn­sitzes ohne Schwierigkeit und Zeitverlust ihre Ersparnis­se sicher und fruchtbringend anzulegen, den Geist der Arbeitsamkeit und Sparsamkeit zu wecken und den Realkredit zu heben.

Die Eröffnung der Sparkasse, deren Amtsraum anfangs im Brauhause des Bürgermeisters (heute Linzer Straße 6) untergebracht war, erfolgte am 20. Juli 1871. An die­sem Tag fand sich ein einziger Einleger, namens Josef Witzlinger, ein, der tausend Gulden auf das Sparbuch Nr. 1 erlegte.

Dass die Errichtung einer Sparkasse einem dringenden Bedürfnis weiter Kreise der Bevölkerung entsprach, da­von zeugte das rasche Anwachsen der Zahl der Sparer und der Einlagen wie auch der Darlehenswerber. Das er­ste Jahr des Bestandes schloß mit einem Einlagenstand von 66.391 Gulden, während an Darlehen 30.182 Gul­den gegeben worden waren. Nach dem ersten Jahrzehnt belief sich der Einlagenstand auf 1,151.033 Gulden, die Zahl der Einleger auf 2398 und der Stand der Darlehen auf 1,042.798 Gulden. Die Rücklagen betrugen 71.808 Gulden.

Das Vertrauen der Bevölkerung wuchs zusehends, die Amtstage wurden von zwei auf drei in der Woche ausge­dehnt, jedoch der einzige Geschäftsraum, vereint mit der Gemeindekanzlei, war dem Zuspruch nicht mehr ge­wachsen. Dieser Entwicklung gehorchend, wurde beschlossen, hierfür ein neues Gebäude zu bauen. Mit 39.150 Gulden konnte das stattliche Amtsgebäude im Jahre 1889 in der Sparkassestraße errichtet werden, das neben den Amtsräumen für den Sparkassenbetrieb auch den Kanzleien der Marktgemeinde Unterkunft bot. Die im Jahre 1881 eröffnete Vorschusskasse auf Personalkre­dit hatte die Bestimmung, kleinen Grundbesitzern und Gewerbetreibenden einen billigen Kredit zu gewähren.

Die umsichtige Leitung und Führung der Geschäfte trug gute Früchte. Die Rücklagenzuweisungen konnten im­mer mehr ausgeweitet und überdies eine großzügige Spendentätigkeit entfaltet werden, die sehr stark zum Aufblühen und Gedeihen des Ortes und der ganzen Ge­meinde mit Umgebung beitrug.

Das hauptsächlich mit der Hilfe von Widmungen der Sparkasse erbaute Schulhaus (Volksschulgebäude), da­mals eines der größten und schönsten unter den Land­schulgebäuden, das 1898 in Haag erbaute Jubiläums-Versorgungshaus mit Lourdeskapelle, und die großzügi­ge Unterstützung der Pfarre beim Kirchenturmbau ge­ben besonderes Zeugnis von der gemeinschaftlichen Ein­stellung der Sparkasse.

Mit dem Gesetz vom 2. August 1892 wurde der Über­gang zur Kronenwährung (1 Krone = 100 Heller) ge­schaffen. Der Gulden (1 Gulden = 100 Neukreuzer) galt noch bis 1899 neben der Krone als gesetzliches Zah­lungsmittel; die Umrechnung vom Gulden zur neuen Währung erfolgte im Verhältnis von 1:2. Die ersten Kronen-Banknoten kamen mit 1. Jänner in Umlauf.

Die Aufwärtsentwicklung der Sparkasse hielt auch unter der neuen Währung bis zum Jahre 1914 an. Der Einlagenstand war zu dieser Zeit auf 7,707.281 Kronen, der Stand der Darlehen an Private auf 4,182.524 und die Ge­meindedarlehen auf 696.900 Kronen angewachsen. Die Rücklagen betrugen 587.561 Kronen.

Unter den Folgen des Ersten Weltkrieges hatten die Volkswirtschaft und auch die Sparkassen schwer zu lei­den. Die aushaftenden Darlehen aus der Vorkriegszeit wurden in der Zeit der fortschreitenden Geldentwertung gänzlich zurückgezahlt. Die Kriegsanleihen und andere aus patriotischen Erwägungen angeschafften Wertpa­piere schrumpften in ihrem Werte immer mehr zusam­men und verursachten empfindliche Kursverluste.

Wenn auch der Einlagenstand zahlenmäßig gewaltig an­schwoll — er belief sich zu Ende des Jahres 1924 auf 10,467,660.000 Kronen —, so war doch die Kaufkraft der Krone so stark gesunken, dass sie dem Werte nach nur einen Bruchteil des letzten Friedensstandes betrug.

Durch das Schilling-Rechnungsgesetz, das am 1. Jänner 1925 wirksam wurde, und mit Hilfe des Völkerbundes beendete Bundeskanzler Ignaz Seipel die Inflation. Die damit verbundenen Maßnahmen ließen den Schilling zu dem allgemein anerkannten Alpendollar werden. Die eingeführte Schillingwährung wies Ende des gleichen Jahres einen Einlagenstand von S 1,673.272,— auf. Der Darlehensstand betrug S 1,028.265,—.

Mit dem allmählich wiederkehrenden Vertrauen in die Beständigkeit der Währung fand auch der Sparsinn in der Bevölkerung wieder einen Ansporn zur Spartätigkeit und Ende 1930 erreichte der Einlagenstand die Höhe von S 4,418.182,—. Zum gleichen Zeitpunkt waren die Darlehen auf S 3,307.555,— angestiegen.

Das Jahr 1938 brachte für Österreich einschneidende Maßnahmen. Im März wurde nach dem Einmarsch deutscher Truppen Österreich in das Deutsche Reich eingegliedert. Die gesamte Wirtschaft erfuhr große Ver­änderungen und durch die deutsche Währungshoheit wurde die Reichsmarkwährung eingeführt: Umtausch im Verhältnis für 3 Schilling 2 Reichsmark. Die Ge­schäftsentwicklung veranlasste die Sparkassendirektion zur Errichtung einer Zweiganstalt in St. Valentin. Die Eröffnung erfolgte im November 1938.

Im September 1939 traf uns mit Beginn des Zweiten Weltkrieges ein sehr schicksalschweres und für die ganze Welt entscheidendes Ereignis. Von den Währungsbehör­den wurden Regelungen getroffen, die die Kreditwirt­schaft veranlassten, die Finanzierung der Rüstungsindu­strie durch Kauf von Reichsanleihen zu sichern. In den folgenden Kriegsjahren gingen alle anderen Zweige der Wirtschaft in der Rüstungsindustrie unter. Dadurch stiegen die Spareinlagen rasch an, als Gegenwert gab es ja keine Konsumgüter zu kaufen.

Im dritten Kriegsjahr, 1941, dem 70. Bestandsjahr der Sparkasse, standen RM 5,144.247,— an Spareinlagen zu Buche. Das Kriegsende 1945 mit den furchtbaren Zer­störungen und der totalen Zertrümmerung der Wirt­schaft hinterließ vollkommen zerrüttete Währungsver­hältnisse.

Am 1. Dezember 1945 wurde das Schillinggesetz ver­lautbart, demzufolge ab 21. Dezember 1945 in Öster­reich wieder der Schilling (= 100 Groschen) als Wäh­rung und Rechnungseinheit gilt. Umrechnungsschlüssel: 1 Reichsmark = 1 Schilling. Ab 21. Dezember 1945 ver­loren alle Noten von zehn Reichsmark bzw. von zehn Alliierten-Schilling aufwärts die gesetzliche Zahlungs­kraft. Umgetauscht wurden je Kopf der Bevölkerung 150 Reichsmark, für höhere Beträge war Einlagezwang. Über Guthaben, die seit der Befreiung Österreichs bis 30. November 1945 eingezahlt wurden, konnte bis zu 40 Prozent im Inlandszahlungsverkehr frei verfügt werden. Mit der Besetzung unseres Landes durch russische Trup­pen begann eine weitere Leidenszeit für die gesamte Be­völkerung. Die Besatzungsmacht bestimmte die meisten Handlungen in der Wirtschaft und kontrollierte das ganze Geschehen.

Durch das Währungsschutzgesetz 1947 wurde die öster­reichische Währung neu geordnet. 60 Prozent der bei der Sparkasse befindlichen Einlagen mussten zugunsten des Bundesschatzes gesperrt und abgeführt werden.

Mit Beginn der sechziger Jahre wurde die wirtschaftliche Lage zusehends besser und ist seither durch weitgehende Vollbeschäftigung für alle gekennzeichnet.

Nach 90 Jahren (1961) konnte die Sparkasse bereits S 25,072.227,— an Spareinlagen verwalten. In der Folge stellte die Sparkasse ihr Buchungswesen auf elektroni­sche Buchungsanlagen um. Für die Zweiganstalt in St. Valentin wurde das Haus in St. Valentin, Westbahnstraße 10, erworben, umgebaut und im Jahr 1964 in Betrieb genommen. Auch in Haag, dem Hauptsitz der Sparkas­se, erwarb man die beiden Häuser Hauptplatz 3 und 4. Nach Planung und Umbau wurde das neue Sparkassen-Hauptanstaltsgebäude im Jahr 1967 festlich eröffnet und der Betrieb aufgenommen. Der überaus guten Ent­wicklung im gesamten Geschäftsbereich Rechnung tra­gend, wurden im Jahr 1971 in Ernsthofen und Beham­berg-Ramingdorf neue Geschäftsstellen der Sparkasse eröffnet. Diese Betriebe erfreuten sich bei den vielen Kunden gleich von Anbeginn an einer sehr großen Be­liebtheit.

Im gleichen Jahr konnte die Sparkasse die Feier des 100jährigen Bestandes festlich begehen. Gleichzeitig hatte die Sparkasse die 100-Millionen-Einlagengrenze überschritten und zur Bestandsfeier wurden S 500.000,—an Spenden den verschiedensten Institutionen zugewie­sen.

Im Festbericht zur Jahrhundertfeier konnte man lesen, dass die Sparkasse kein auf Gewinn und Verteilung des Ertrages an Gesellschafter oder Aktionäre aufgebautes Unternehmen ist. Statt dessen wurden große Teile des Ertrages der Widmungsrücklage zur Spendenverteilung zugeführt.

Die überdurchschnittliche Entwicklung des Sparkassen­geschäftes zwang die Geschäftsleitung der Sparkasse im Jahr 1973, das gesamte Rechnungswesen dem Groß-Rechnungszentrum der Spardat in Linz anzuschließen. Bereits im Jahr 1975 überschritt die Sparkasse die 200-Millionen-Einlagengrenze. Die Geschäftsausweitung war weiterhin sehr erfolgreich. Schon im darauffolgen­den Jahr, also 1976, erhielt die Sparkasse die Genehmi­gung zu einer weiteren Zweigstelle.

Die Sparkasse Haag errichtete im Gemeindegebiet von St. Pantaleon eine Geschäftsstelle. Nach Ankauf eines Hauses und dessen notwendigem Umbau wurde der Ge­schäftsbetrieb in St. Pantaleon-Pyburg im Jahr 1978 auf­genommen. Auch hier konnte die Sparkasse eine sehr gute Entwicklung des Geschäftes verzeichnen. Das Jahr 1979 brachte durch Inkrafttreten des Kreditwesengesetzes und des Sparkassengesetzes eine gesetzliche Neuord­nung in der Kreditwirtschaft.

In der Geschäftsausweitung wurde die 400-Millionen-Einlagengrenze überschritten. Zur Errichtung eines Sparkassen-Verwaltungsgebäudes wurde im Jahr 1979 in Haag ein Grundstück angekauft und mit der Planung begonnen.

Im ständigen Bemühen, die Arbeit der Sparkasse für die Bevölkerung des gesamten Bereiches — westliches Nie­derösterreich — noch wirkungsvoller gestalten zu kön­nen, wurden Ende des Jahres 1979 mit der Sparkasse der Märkte St. Peter/Seitenstetten Gespräche über einen Zusammenschluss der beiden Institute aufgenommen.

Diese Kontakte sind im Jahr 1980 weitergeführt und mit dem erforderlichen Beschluss beendet worden, dass die beiden Sparkassen, die Stadtsparkasse Haag mit der Sparkasse St. Peter/Seitenstetten, in der weiteren Zu­kunft unter dem neuen Namen: SPARKASSE NÖ WEST — STADTSPARKASSE HAAG — SPARKASSE ST. PETER/SEITENSTETTEN vereinigt weiterarbei­ten werden.

Nach Genehmigung dieses Beschlusses durch das Bun­desministerium für Finanzen wurden die im Sparkassen­gesetz vorgesehenen neuen Organe: Sparkassenrat und Vorstand, bestellt, und die weiteren noch erforderlichen Ausschüsse gebildet.

Der Rechnungsabschluss für 1980, der erste der Sparkas­se NÖ West — Stadtsparkasse Haag — Sparkasse St. Peter/Seitenstetten zeugt von einer guten Geschäftsbewe­gung. Die Bilanzsumme geht langsam an die Ein-Milli­arden-Grenze und die wichtigsten Geschäftssparten zei­gen erfreuliche Wachstumsziffern.

In den allgemeinen Merkmalen ist das Jahr 1980 durch langsamere wirtschaftliche Entwicklung gekennzeich­net. Abflüsse großer Geldmengen in das Ausland, Libe­ralisierung der Einlagenzinsen bewirken starke Anhe­bung der Einlagen- und der Kreditzinsen. Maßnahmen zur Einengung des Geldvolumens verursachen Schwie­rigkeiten in vielen Bereichen der Wirtschaft.

Im Jahr 1980 wird der Bau des neuen Verwaltungs- und Geschäftsstellengebäudes in Haag begonnen und 1981 in Betrieb genommen. Im neuen Haus sind alle Abtei­lungen des Rechnungswesens, der Innenrevision und der Poststelle untergebracht.

Im Bereich der Datenverarbeitung wird im Interesse der Sparkassenkunden der Datentransport im On-Line-Wege eingeführt und ausgebaut. Aber auch die Mög­lichkeiten der Kundeninformation über den Bildschirm werden in Zusammenarbeit mit dem Kabelfernsehen an­geschafft. Die große Aufgabe der Unterstützung wichti­ger Institutionen wird seitens der Sparkasse in ein­drucksvoller Weise weitergeführt.

Die Schulen und Kindergärten fanden in der Sparkasse immer eine hilfsbereite Förderin. Den freiwilligen Feuerwehren, den Musikvereinen und vielen anderen Ver­bänden wurde die Anschaffung von Geräten und die Er­richtung von Baulichkeiten durch ansehnliche Spenden der Sparkasse wesentlich erleichtert.

So übergibt die Sparkasse an die drei Feuerwehren in Haag je ein Atemschutzgerät, an die Musikkapelle Haag ein Musikinstrument zum Zeichen der besonderen Ver­bundenheit. Den Bau des Feuerwehrhauses in Haag för­dert die Sparkasse durch Bezahlung der Dacheindeckung.

Die gute Verbindung zu den Schulen wird im gesamten Geschäftsbereich durch Überreichung von Filmprojek­toren als Spenden der Sparkasse besonders unterstri­chen. Für die Sportvereine tritt die Sparkasse durch An­schaffung von Ausrüstung für die Mannschaften auf, und der Schulfußball wird in ganz Österreich durch die Sparkassen gefördert.

Aus den Aufzeichnungen der Sparkasse kann man ne­ben der geschäftlichen Entwicklung auch die Geschichte dieses Zeitabschnittes ablesen.

Zeiten des Niederganges und der Not sind genauso er­kennbar wie Jahre des Erfolges und des wirtschaftlichen Aufstieges. Über ein Jahrhundert hat sich die Sparkasse bemüht, der Wirtschaft und der Bevölkerung zu helfen. Die Möglichkeiten der Dienstleistungen wurden immer mehr ausgebaut und den modernsten Erfordernissen angepasst Der Gründergedanke der Sparkasse: Für alle Menschen da zu sein, wird weiterhin von den Funktio­nären und den Bediensteten hochgehalten. Es zeichnen dafür hauptverantwortlich: Bürgermeister Kommerzial­rat Ernst Huber als Vorsitzender des Sparkassenrates und Direktor Josef Breiteneder als Vorsitzender des Vorstandes.

QUELLEN: Archiv der Stadtsparkasse Haag.

In den letzten zehn Jahren wurden noch zwei weitere Bankfilialen gegründet, die anschließend vorgestellt wer­den sollen.

Verwaltungsgebäude der Sparkasse NÖ West ( SParkasse Haag - Sparkasse St. Peter-Seitenstetten) in der Bahnhofstraße, eröffnet 1981