Landwirtschaftliche Fachschule
Die Absicht, landwirtschaftlich interessierte junge Menschen im Anschluss an die Pflichtschule für ihren Beruf weiterzubilden, geht bei uns in Haag bis auf das Jahr 1905 zurück. So ist im Gemeinderatsprotokoll vom 2. Dezember 1905 diesbezüglich zu lesen: „In Vorbereitung der Angelegenheit der Errichtung einer Winterschule für Landwirtschaft mit dem Sitz in Markt Haag wird allseitig der Nutzen einer solchen Anstalt betont und der Bürgermeister ersucht, über Einrichtung, Aufwand und Vorbedingungen Erhebungen zu pflegen." In der Tat wurde dann schließlich im Jahre 1924 eine landwirtschaftliche Winterschule im Versorgungshaus eröffnet und fand ein gutes Echo.
Ober 20 Jahre später befasste sich der Gesetzgeber mit der Berufsschulausbildung auf freiwilliger Basis ab dem 16. Lebensjahr. Der erste Lehrgang nach dem Zweiten Weltkrieg begann in Haag am 18. Jänner 1946 und dauerte bis 11. März 1946; die Unterrichtszeit der freiwilligen zweijährigen Winterlehrgänge, die sich ab dem Schuljahr 1946/47 in der Regel von November bis März erstreckten, betrug für Buben und Mädchen wöchentlich eineinhalb Tage.
Mit dem Landesgesetz vom 5. Juli 1951 über die Einführung der Berufsschulpflicht ab dem Schuljahr 1954 vermehrte sich auch die Unterrichtszeit, und die bisherige „Externe landwirtschaftliche Fortbildungsschule" wurde nunmehr in „Landwirtschaftliche Berufsschule" umbenannt. Unterrichtet wurde in den Räumen der Volks-und Hauptschule. Die Schulleitung oblag dem damaligen Hauptschullehrer und späteren Hauptschuldirektor OSR Karl Engel. Pflichtschullehrkräfte der Volks- und Hauptschule unterrichteten die allgemeinbildenden Gegenstände, den Fachunterricht in Theorie und Praxis hielten die hauptberuflichen landwirtschaftlichen Fachlehrkräfte.
In den Jahren 1946 bis 1966 erhielten insgesamt 263 Buben und 295 Mädchen ihre berufliche Ausbildung. Die besonders stark von der Landwirtschaft für den wirtschaftlichen Aufstieg unseres Landes ausgehenden Impulse förderten in den sechziger Jahren den Plan, eine regionale Ausbildungsstätte für den bäuerlichen Nachwuchs zu schaffen. Unter den Initiatoren, dem damaligen Bezirksbauernkammer-Obmann, Abgeordneten zum Nationalrat Ökonomierat Rudolf Graf, Bezirksobmann-Stellvertreter, Abgeordneten zum NÖ Landtag und Abgeordneten zum Nationalrat, Ökonomierat Franz Brunner, und dem derzeitigen Bezirksbauernkammer-Obmann, Ökonomierat Max Mayrhuber, wurde von der NÖ Landes-Landwirtschaftskammer das „Haus der Landwirtschaft" gebaut. In ihm wurden nicht nur die Bezirksbauernkammer, sondern auch die landwirtschaftliche Internatsberufsschule des Landes Niederösterreich untergebracht.
Mit dem neuen Haus der Landwirtschaft waren nun alle Voraussetzungen gegeben, einen zeitgemäßen Schul- und Internatsbetrieb ab dem Schuljahr 1966/67 für die Bezirke Haag und St. Peter/Au einzuleiten.
Schulleiter Ing. Otto Seidl konnte dadurch als erster hauptberuflicher Berufsschuldirektor die Inhalte des landwirtschaftlichen Berufsschulwesens ganz ausschöpfen. Das anfängliche Einzugsgebiet für die landwirtschaftlichen Berufsschüler ging weit über die beiden Bezirke hinaus; es waren nämlich bei den Lehrgängen auch Schüler bis um das Gebiet von St. Pölten vertreten. Seit dem internatsmäßigen Schulbetrieb konnten bis 1981 insgesamt 1799 Schüler in 75 Lehrgängen unterrichtet werden. Durchschnittlich werden pro Klasse 24 Schüler geführt.
Berufsschulpflichtig sind 15jährige Burschen und Mädchen, die in der Landwirtschaft tätig und somit bei der Sozialversicherung der Bauern versichert sind. Die erste Schulstufe umfasst ein Semester mit 20 Wochen zu je rund 35 Unterrichtsstunden. Die zweite und dritte Schulstufe sind in auswärtigen Berufsschulen (z. B. in Hohenlehen, Gutenstein usw.) zu absolvieren und dauern jeweils sechs Wochen.
Der Beginn des Schulversuches der dreijährigen landwirtschaftlichen Fachschule für Burschen wurde ab dem Schuljahr 1972/73 den Lehrkräften der Berufsschule Haag anvertraut. Der jeweilige erste Lehrgang dieser dreijährigen Burschenfachschule wurde von 1972 bis 1980 als Expositur der Landwirtschaftlichen Fachschule Gießhübl an der Berufsschule Haag mit großem Erfolg abgehalten.
Seit 1. September 1980 führt die Schule in Haag die offizielle Bezeichnung „Landwirtschaftliche Fachschule". Ab Herbst 1980 wird eine „Zweijährige Mädchenfachschule" geführt.
Nach erfolgreichem Hauptschulabschluss können Landwirtstöchter und auch andere Mädchen aus dem ländlichen Raum in die landwirtschaftliche Fachschule aufgenommen werden. Das Ziel dieser zweijährigen Ausbildungszeit (= 20 Schulmonate) ist, die Schülerinnen zu guten Hausfrauen und Bäuerinnen heranzubilden. Darüber hinaus können auch soziale Berufe (Krankenschwester, Familien- und Dorfhelferin) angestrebt werden.
Nach einem dreijährigen landwirtschaftlichen Lehrverhältnis bzw. einer vierjährigen Arbeit in der Landwirtschaft ohne Lehrvertrag sind die Voraussetzungen zur Ablegung der Gehilfenprüfung (Mädchen: „Ländliche Hauswirtschaft"; Burschen: „Landwirtschaftliche Facharbeiterprüfung") gegeben. Zum Antritt bei der Meisterprüfung bedarf es weiterer drei Jahre landwirtschaftlicher Praxis. Bewerber um die Meisterprüfung, die nicht die Fachschule, sondern nur die Berufsschule besuchten, müssen vorher mehrere Meisterlehrgänge von insgesamt 480 Unterrichtsstunden erbringen.