Haus-Chroniken von Haag

Nach Katastralgemeinden - von damals bis heute

Bundesfachschule für wirtschaftliche Frauenberufe

Das Fehlen einer Fachschule für nichtlandwirtschaft­liche Berufsziele im Bevölkerungsdichten Gebiet um Haag wurde allseits beklagt.

Dem berechtigten Bedürfnis folgend, neben den beste­henden Gymnasien im westlichen Teil Niederöster­reichs auch eine Auswahl von Bildungseinrichtungen mit wirtschaftlichen und sozialen Aspekten zu besitzen, versuchte vorerst unser Abgeordneter zum Nationalrat, Ökonomierat Franz Brunner, beim Bundesministerium für Unterricht und Kunst Gehör zu finden.

Nach langwierigen Verhandlungen der Stadtgemeinde Haag mit den zuständigen Stellen des Landes und des Bundes entschied man sich für eine dreijährige Bundes­fachschule für wirtschaftliche Frauenberufe in Haag. Die durch den Bau der neuen Hauptschule frei geworde­nen Unterrichtsräumlichkeiten waren zur Errichtung dieser Schultype entscheidend, und so konnte der Ge­meinderat unter Vorsitz des Bürgermeisters, Kommerzi­alrat Ernst Huber, am 2. April 1976 die vertraglichen Bestimmungen für den Schulbetrieb dieser Fachschule ab Herbst 1976 einstimmig genehmigen.

Während laut Vertrag im Vollausbau nur drei Klassen vorgesehen waren, zählte die Schule im Schuljahr 1979/ 80 bereits sieben Klassen, was auf das große Interesse an dieser Schulform sowohl bei Schülern als auch bei El­tern schließen lässt

Die Inhalte der Ausbildung orientieren sich an den zu­künftigen Berufsmöglichkeiten der Schüler. Da das Abschlusszeugnis die Lehrabschlussprüfung in fünf Lehr­berufen (Bürokaufmann, Hotel- und Gastgewerbeassistent, Einzelhandelskaufmann, Industriekaufmann, Großhandelskaufmann) ersetzt, wird laut Lehrplan der Schwerpunkt auf die Berufsausbildung gelegt.

Die Schüler werden in den kaufmännischen Gegenstän­den mit den Anforderungen des Büroalltags vertraut ge­macht (Buchhaltung, Wirtschaftsrechnen, Schriftver­kehr, Stenotypie und Textverarbeitung). Daneben wird auf eine fundierte Allgemeinbildung Wert gelegt, zu der neben den Gegenständen Religion, Deutsch, Geschich­te, Geographie, Naturgeschichte, Physik/Chemie auch das Beherrschen der Fremdsprache Englisch zählt.

Zusätzlich werden dem Schüler noch verschiedene fami­lienbezogene Inhalte angeboten, zum Beispiel Erzie­hungslehre, Haushaltstechnik, Textilverarbeitung und Küchenpraxis. Diese lassen den Wert der Arbeit in der Familie erkennen und öffnen das Tor zu Sozialberufen. Deswegen wird der Schultyp auch von Burschen be­sucht, die später als Krankenpfleger, medizinisch-tech­nischer Assistent oder auch in einem Büro- oder Verwal­tungsberuf tätig sein wollen.

Auf Grund der positiven Entwicklung der Schule und auf Wunsch der Stadtgemeinde Haag genehmigte das Bundesministerium für Unterricht und Kunst mit Be­ginn des Schuljahres 1981/82 die Errichtung eines Auf­baulehrganges zur Reifeprüfung. Dieser bietet Absol­venten der Fachschule die Möglichkeit, nach zwei zu­sätzlichen Schuljahren die Matura der Höheren Lehran­stalt für wirtschaftliche Frauenberufe abzulegen. Dieses zusätzliche Bildungsangebot wird vorwiegend von Ab­solventen der Bundesfachschule Haag, aber auch von Absolventen der dreijährigen Fachschule Amstetten so­wie der Fachschule Steyr und Perg angenommen wer­den. Im Schuljahr 1981/82 besuchten 25 Schüler den Aufbaulehrgang; ihr Reifezeugnis wird sie zum Studium an allen Universitäten, Hochschulen und Akademien berechtigen. Der Aufbaulehrgang bietet Gewerbebe­rechtigungen und ersetzt die Lehrabschlussprüfung in elf Lehrberufen (z. B.: Kellner, Koch, Bürokaufmann . . . ). Es ist erfreulich, dass bisher alle interessierten Absolven­ten der Schule Berufe, die ihrer Ausbildung entsprechen und ihrer Neigung folgen, ergreifen konnten. Die Schul­direktion und die Stadtgemeinde erwarten sich auch von den zukünftigen Absolventen Bewährung im Berufsle­ben und hoffen auf weiterhin positive Zusammenarbeit, um im Jahre 1983 das hochgesteckte Ziel, die erste Rei­feprüfung in Stadt Haag, erreichen zu können.

QUELLEN

Chronik der Volks- und Hauptschule Haag (2 Bücher).
Originalpapiere des Stadtarchives Haag.
Berichte der Fachschuldirektionen.

LITERATUR

Ernst Werner, Von der Ennswaldsiedlung zur niederösterreichischen Stadt Haag, Hg. Stadtgemeinde Haag, Haag 1956.
Karl Bauer, Aus der Geschichte des Pflichtschulwesens in Seitenstetten. In: Seiten­stetten Udalschalks Erbe im Wandel der Zeit. Hg. Marktgemeinde Seitenstet­ten, Seitenstetten 1980.