Haus-Chroniken von Haag

Nach Katastralgemeinden - von damals bis heute

Die Errichtung des Bezirksgerichtes

In Haag wurde im Jahre 1850 das Bezirksgericht einge­richtet. Ursprünglich war es im Gebäude Nr. 80 (vorher „Bürgerspital"), heute Wiener Straße 14, untergebracht. Hiezu wurde bei diesem Haus ein neuer Stock aufge­baut.

Durch den Volksschulbau im Jahre 1878 boten sich die freigewordenen Schulräume im „Risenfels'schen Schlösschen" (Postgebäude) für eine neue Unterkunft der Justizverwaltung an. Schon 1879 übersiedelte das Bezirksgericht von der Wiener Straße in das frühere Ge­bäude der Volksschule. Für die damaligen Verhältnisse war dieses Gebäude für Gerichtszwecke ganz gut geeig­net. In den Jahren 1879 bis 1885 wurden die neuen Grundbücher angelegt. Die Einwohnerzahl des Ge­richtsbezirkes betrug um die Jahrhundertwende 14.590 Personen.

Damals erkannten Kaufmann Rudolf Weiß (Direktor der Sparkasse Haag) und Buchdrucker Edmund Huber (Obmann des Gewerbevereines), dass ein Neubau des Bezirksgerichtes unbedingt erforderlich sei, um diese Einrichtung für Haag zu erhalten. Nachdem die Justiz­verwaltung die Bauabsicht begrüßt hatte, wurde in der kurzen Zeit von knapp drei Jahren von der Marktge­meinde nach den Plänen des Wiener Architekten Anton Gurlich der stattliche Bau errichtet. Die festliche Eröff­nung des neuen Amtshauses erfolgte am 12. September 1903. Für die Erbauung des modernen Gebäudes, das auch heute noch allen Anforderungen entspricht, benö­tigte die Gemeinde ein Darlehen von 250.000 Kronen. Der Großteil des neuen Gebäudes wurde durch die Ju­stizverwaltung von der Marktgemeinde Haag gemietet. Neben den Amtsräumlichkeiten für den Justizbetrieb, der seither den ganzen ersten Stock beansprucht, hatte man im zweiten Stock großzügige Dienstwohnungen für zwei Richter gebaut. Der ebenerdige Gefangenenhaustrakt war zur Verwahrung von 19 Häftlingen eingerich­tet. Im Parterre war weiters für eine Wohnung des Ge­fängnismeisters vorgesorgt. Außerdem befanden sich dort Büroräume für das k. k. Steueramt (später Steueraufsichtsstelle) sowie eine Wohnung für den jeweiligen Steueramtsleiter. Die restlichen Räume dienten zur eige­nen Vermietung durch die Marktgemeinde.

Von allgemeinem Interesse ist auch, dass im Jahre 1938 das Gebiet von Münichholz, das zur Gemeinde Beham­berg und damit zu unserem Gerichtsbezirk gehörte, zur Stadt Steyr kam und so dem Land Oberösterreich ange­gliedert wurde. Nach längeren Bestrebungen (1950-1960), Münichholz wieder zurückzugewinnen, verzichtete das Land Niederösterreich auf diesen An­spruch gegen eine Ablöse von 25 Millionen Schilling durch das Land Oberösterreich. Die Mittel wurden zum Ausbau des Straßennetzes in der Gemeinde Behamberg nutzbringend verwendet.

Es war auch die vernünftigste Lösung! Münichholz hat sich während der Zeit von 1938 bis 1945 zu einem gro­ßen Stadtteil von Steyr entwickelt. Es hat rund 10.000 Einwohner, und es wäre vom verwaltungstechnischen und auch vom wirtschaftlichen Standpunkt aus — insbe­sondere auch soweit es die Agenden des Gerichtswesens betrifft — fast undenkbar gewesen, dieses Gebiet wieder an die Gemeinde Behamberg und an den Gerichtsbezirk Haag anzugliedern.