Die barocke Bauphase
Nach dem Tode Georg Siegmunds von Salburg im Jahre 1669 kam es erst 1677'5 zur Gütertrennung zwischen den drei Söhnen, wobei der jüngste, Franz Ferdinand Graf Salburg, die Herrschaft Salaberg übernahm. Während es der sehr vermögende Gotthard Heinrich in seiner politischen Karriere bis zum Hofkammerpräsidenten brachte, und Georg Friedrich Domherr von Olmütz und Passau und Propst von Kremsier war, schlug Franz Ferdinand die militärische Laufbahn ein. Er war als Generalfeldmarschalleutnant Mitglied des Hofkriegsrates. Wichtig für die Betrachtung der Bautätigkeit und Ausstattung des Schlosses unter Franz Ferdinand ist die Tatsache, dass ihn seine militärische Laufbahn auch für längere Zeit nach Venedig geführt hat. So beteiligte er sich als Offizier der mit Venedig verbündeten kaiserlichen Armee am Kampf gegen die Türken. Zu klären wäre auch noch, welche Funktionen militärischer oder diplomatischer Art er inne hatte. Der — wie anzunehmen ist — längere Aufenthalt in Venedig muss sein besonderes Interesse an venezianischer Kunst geweckt haben. Die für Venedig typische Vorliebe für Malerei und der dortige prunkvolle und großzügige Lebensstil wurden für die Ausstattung seines niederösterreichischen Schlosses bestimmend.
a) Neubauten
Da sich das Familienarchiv auf Salaberg leider nicht erhalten hat, kann man den Beginn der Bautätigkeit unter Franz Ferdinand nicht genau festlegen. Es ist jedoch das Jahr 1698 als Weihedatum der Schlosskapelle überliefert. Diese der hl. Maria geweihte Kapelle wurde im Halsgraben an Stelle einer Voliere errichtet und an den Südost-Turm des Schlosses angebaut, der mit Schallfenstern versehen und mit zwei Glocken ausgestattet wurde. Die Kapelle ist ein rechteckiger, zweigeschossiger Saalraum. Es fällt auf, dass sich der Altar nicht wie üblich im Osten, sondern im Westen befindet. Ober der Mensa erhebt sich ein mit reichen, teilweise vergoldeten Akanthusvoluten geschmückter Holzaufbau, der die Nische zur Aufnahme eines großen Kruzifixes rahmt. Seine architektonische Gliederung erfährt der Kapellenraum durch Pilaster mit Akanthuskapitellen, die ein sich verkröpfendes, stark vorkragendes Gesimse tragen und den schweren Akanthusstuck, der die Form des Muldengewölbes der Decke nachvollzieht. Einen Akzent setzen die beiden wappenbekrönten Öffnungen des Herrschaftsoratoriums mit ihren kostbaren Marmorteilen. Der Zugang zu dieser Empore führt durch einen Repräsentationsraum des Schlosses, den Jagdsaal.
Der Kapellenbau war wohl der Beginn einer weitläufigen Vergrößerung der Schlossanlage (Abb. 5). So wurde, im rechten Winkel an die Kapelle anschließend, ein mächtiger, zweigeschossiger Trakt, die Remise, errichtet. Dieses markante und qualitätvolle Gebäude, das der Unterbringung der Kutschen diente, hat ein durch hohe Arkaden zum Hof hin geöffnetes Erdgeschoß; darüber befindet sich der Körnerboden mit einem in technischer und handwerklicher Hinsicht besonders bemerkenswerten Dachstuhl.
Im Osten wird dieser dritte, der Äußere Hof des Schlosses vom eingeschossigen Tortrakt begrenzt, in dem ehemals das grundherrschaftliche Gericht untergebracht war. Die Beschaffenheit des Terrains ermöglichte es, darunter im nordöstlichen Teil den weitläufigen Pferdestall einzurichten. Er ist über eine flache, vom Äußeren Schlosshof abfallende Rampe zu erreichen. Über diese Rampe gelangte man auch zu dem ebenfalls von Franz Ferdinand großzügig ausgebauten Meierhof, der heute nicht mehr existiert. Im Norden wird der Äußere Hof von einer durch Öffnungen unterbrochenen Mauer begrenzt.
Diese letzte große, die Außenerscheinung prägende Schlosserweiterung dürfte baulich im Jahre 1702 vollendet gewesen sein. Mit dieser Datierung ist das künstlerisch hochwertige monumentale Wappen des Bauherrn über der rundbogigen Haupteinfahrt versehen. Die Aussagekraft der zweifellos als Bauinschrift zu wertenden Jahreszahl wird dadurch nicht aufgehoben, dass das Wappen erst im Jahre 1705 beim Bildhauer Johann Stanetti in Wien in Auftrag gegeben und erst im folgenden Jahr, eine bereits vorhandene Dekoration teilweise verdeckend, montiert wurde.
b) Umbauten und Innenausstattung
Neben den Neubauten wurden unter Franz Ferdinand auch Umbauten und Neugestaltungen im Inneren des Schlosses vorgenommen. Im Inneren Hof wurden die offenen Pfeilerstellungen unterhalb der Porträtgalerie vermauert. An der gegenüberliegenden Seite ließ Franz Ferdinand zum bequemeren Erreichen der Wohn- und Festräume des Südtraktes eine Freitreppe anlegen. Künstlerische Akzente werden hier einerseits durch das Geländer, eine für das ausgehende 17. Jh. charakteristische, prächtige Schmiedeeisenarbeit, gesetzt, andererseits dadurch, dass der schon aus der manieristischen Bauperiode stammende Wandbrunnen" effektvoll in die Treppenanlage einbezogen wurde. Am Osttrakt des Inneren Hofes wurde die Fassade, auf offener Pfeilerarchitektur aufruhend, vorverlegt. Damit konnte Platz für einen Gang geschaffen werden, der die Kommunikation zwischen den einzelnen Räumen des ersten Stockwerkes erleichterte.
Sämtliche Wände des Inneren Hofes wurden einheitlich dekoriert, indem man die Erdgeschoßzone mit einer vorgeritzten, gemalten Scheindekoration versah, welche Steinpfeiler mit kugelförmigen Bekrönungen, kombiniert mit Ziegelmauerwerk, zeigt. Diese Materialkombination leitet sich von westeuropäischen Vorbildern des frühen Barock her. Am Obergeschoß finden sich noch Spuren von zwei großen gemalten Sonnenuhren, die von Bordüren aus Tierkreiszeichen eingefasst sind.
Künstlerisch am bedeutsamsten ist die Neuausstattung und Dekorierung nahezu aller Räume des Schlosses, die Franz Ferdinand von Salburg im letzten Viertel des 17. Jh.s durchführen ließ. Bedauerlicherweise ist hier vorauszuschicken, dass das von Dr. Joseph Zykan 1941 als besonders qualitätvoll beschriebene Mobiliar bis auf wenige Stücke die Nachkriegszeit nicht überdauert hat. Die Zimmer erhielten neue Stuckdecken, für deren Akanthusranken und Fruchtgirlanden starke Plastizität charakteristisch ist.
Die wichtigsten Repräsentationsräume wurden mit fix in die Wand eingelassenen Zyklen von Ölgemälden kostbar und prunkvoll ausgestattet. Ihre künstlerische Wirkung wird durch breite, reich profilierte Stuckrahmen eindrucksvoll gesteigert. Diese, nördlich der Alpen eher ungebräuchliche Form der Dekoration, ist für den oberitalienischen Raum typisch. Wie in den benachbarten Klöstern — etwa Garsten oder St. Florian — waren wohl auch hier oberitalienische Stukkateure tätig. Den Vorsaal zur Herrschaftsempore der Kapelle schmücken sieben in schwere Stuckrahmen eingelassene großformatige Ölgemälde, die höfische Jagdszenen zeigen. Stilistisch sind diese Bilder dem flämischen Kunstkreis zuzuordnen; sie sind Werken von Frans Snyders, Paul de Voos, aber auch Joachim von Sandrarts verwandt.
Eine andere höfische Thematik findet sich in der Gemäldeausstattung des sogenannten Mohrenzimmers im zweiten Stock des alten Schlosses. Hier haben sich sieben von ehemals neun Ölgemälden erhalten, welche Szenen aus der Aeneas-Sage zum Inhalt haben und um die Mitte des 17. Jh.s in Flandern entstanden sind. Durch den Kauf jener großformatigen qualitätvollen Ölbilder erweist sich Franz Ferdinand nicht nur als Kunstkenner, sondern auch als vermögender Schlossherr.
Für die prunkvolle Ausgestaltung der Porträtgalerie (Abb. 6) zog Franz Ferdinand von Salburg einen italienischen oder stark italienisch beeinflussten Maler heran, der alle verfügbaren Wandflächen mit Seccomalerei dekorierte. Dieser in sehr bunten Farbtönen gehaltene Wandschmuck besteht aus kannelierten Pilastern mit Kompositkapitellen, Waffenemblemen und Landschaftsdarstellungen. Einen besonders dekorativen Blickpunkt bildet die zu den Privatgemächern im Alt-Schloss führende Türe. Sie wird von einer triumphbogenartigen, pompös geschmückten Scheinarchitektur gerahmt, deren Mitte das Salburg'sche Wappen einnimmt.
Die Dynamik der Dekoration wird durch die schwingenden Girlanden und Festons gesteigert. Sie reichen bis zur bemalten Holzbalkendecke des frühen 17. Jh.s und rahmen die großen, ganzfigurigen, zwischen den Fenstern eingelassenen Porträts. Von den ehemals zwölf Bildnissen haben sich nur sieben — durch Kriegseinwirkung teilweise schwer beschädigt - erhalten. Eine wichtige Hilfe für die Identifizierung der Porträtierten bietet ein Miniaturenband aus dem 3. Viertel des 19. Jh.s, der die Bildnisse und ihre fast durchwegs verlorenen Aufschriften sowie das Datum ihrer jeweiligen Entstehung wiedergibt. Hieraus ist zu entnehmen, dass Franz Ferdinand sich und seine Familie in den Jahren 1702 bzw. 1705 porträtieren ließ (Abb. 7). Bedauerlicherweise hat sich das Bildnis seiner Frau Sophia, einer geborenen Gräfin von Salburg auf Artstetten, die Franz Ferdinand im Jahre 1699 in der Wallfahrtskirche Sonntagberg heiratete, nicht erhalten. Auch das Porträt seines ältesten Bruders Gotthard Heinrich von Salburg, der wie erwähnt unter anderem auch das hohe Amt des Hofkammerpräsidenten bekleidete, ist verloren. Erhalten hat sich das sehr reizvolle Kinderbildnis des einzigen Sohnes Norbert Anton Oswald aus dem Jahre 1705, das ihn als Vierjährigen zeigt.
Im Südtrakt des sogenannten Altschlosses ließ Franz Ferdinand unter geschickter Ausnutzung der vorgegebenen Räumlichkeiten eine Marmortreppe, die vom Parterre ins erste Stockwerk führt, einbauen. Durch diese für die Zeit des Frühbarock überaus monumentale Stiege wurde der Raum im ersten Stock in eine Empfangshalle umfunktioniert. Die Marmorestrade mit den schweren Balustern, die Türumrahmungen mit den mächtigen Supraporten aus rotem Adneter Marmor und der manieristische Marmorkamin geben diesem Raum festliches Gepräge.
Durch die anschließende sogenannte kleine Halle, von der übrigens eine Stiege in den zweiten Stock des alten Schlosses führt, gelangt man in den Festsaal (Abb. 8). Dieser Raum ist wegen seiner Dimensionen und seiner überaus reichen Ausstattung der künstlerische Höhepunkt des Schlosses. Wie schon erwähnt, hat Franz Ferdinand den bereits vorhandenen Festsaal gegen Süden vergrößern lassen, wobei der Halsgraben vollends überbaut und ein direkter Zugang zum Garten geschaffen wurde. Das Erscheinungsbild des Festsaales wird durch den stark plastischen Stuck, den überreichen Gemäldeschmuck — 97 Leinwandbilder — und die prächtigen Marmorarbeiten bestimmt.
Im einzelnen besteht die Dekoration des Saales aus zwölf ganzfigurigen Porträts an den Wänden, einem umlaufenden, 82 Bilder umfassenden Porträtfries und drei monumentalen Deckengemälden. Über die Bildinhalte lagen bisher keine oder unrichtige Deutungen vor. Nur Klebel, der bedauert, die genauen Themen nicht deuten zu können, liefert als einziger den richtigen Denkansatz.
Der Charakter des Raumes wird nicht durch eine architektonische Gliederung bestimmt, sondern durch seinen reichen Bilderschmuck, dessen Anordnung die Struktur ausmacht. Die Tektonik wird nicht hervorgehoben; der Saal setzt sich vielmehr aus einzelnen dekorierten Flächen zusammen. Diese Merkmale bestimmen auch die
Festräume im Venedig des 16. und 17. Jh.s. Hier sind zwei wichtige Säle des Dogenpalastes, die Sala del Maggior Consiglio und die Sala dello Scrutinio, als Vergleichsbeispiele zu nennen. Dort sind die schweren Rahmen der Deckengemälde aus vergoldetem Holz gearbeitet; hier sind die Gemälde in weiße Stuckrahmen eingelassen, wodurch eine stilistische Angleichung an die bei uns zu jener Zeit typische Farbigkeit des Stucks erfolgt ist. Die Größe der Deckengemälde und deren breite, plastische Rahmung verleihen der Decke enorme Schwere und geben ihr die — auch für das 17. Jh. nördlich der Alpen typische — Dominanz im Raum.
Das monumentale Mittelbild an der Decke hat die Darstellung der Seeschlacht bei Salvore von 1176 zum Inhalt. Aus dieser Schlacht, in der Venedig Papst Alexander III. im Kampf gegen Kaiser Barbarossa zu Hilfe kam, ist die entscheidende Szene, in welcher der Doge Ziani den Sohn Barbarossas gefangennimmt, dargestellt. Die militärische Intervention bei Salvore gilt als einer der glanzvollsten politischen Erfolge der frühen venezianischen Geschichte. Die daraus resultierende Dankbarkeit des Papstes brachte Venedig wichtige Privilegien ein. Venedig hat den Jahrestag dieses Sieges —erkämpft am Maria-Himmelfahrtstag und von den Venezianern daher als göttliche Fügung angesehen — immer besonders feierlich begangen und sogar zum Staatsfeiertag erhoben. Das Deckengemälde in Salaberg ist eine Wiederholung des monumentalen Gemäldes J. Tintorettos, das sich in der Sala del Maggior Consiglio des Dogenpalastes befindet. Flankiert wird das große mittlere Deckengemälde von zwei ovalen Schlachtenbildern, die zwei wichtige Ereignisse im Ringen Venedigs gegen die Türken im 17. Jh. darstellen. Das hofseitige Bild zeigt den späteren Dogen Francesco Morosini als Feldherrn im Kampf um Kreta. Es ist nicht belegt, jedoch nicht auszuschließen, dass Franz Ferdinand bereits 1669 an der entscheidenden Schlacht unter dem Oberbefehl Francesco Morosinis teilgenommen hat, bei der Candia, die Hauptstadt Kretas, endgültig an die Türken fiel. Auf dem Gegenstück zu diesem Schlachtenbild wird der Kampf um Athen von 1687 festgehalten.
Die Stuckrahmung des riesigen mittleren Deckenbildes weist neben dem Akanthusornament auch figurale Dekoration auf. So befindet sich an den abgerundeten Ecken jeweils ein geflügelter Genius mit Posaune als Symbol des Ruhmes. An den Schmalseiten stellen Maskerons die Verklammerung mit den seitlichen Gemälden her.
Die breite Gesimszone wird durch einen Porträtfries geschmückt. Hier sind wichtige Persönlichkeiten der Weltgeschichte, die sogenannten „Uomini e Donne famosi" dargestellt. Durch das Anbringen der von der Grafenkrone überragten Kartuschen mit den emblematischen Initialen Franz Ferdinands von Salburg in den vier Ecken des Saales manifestiert der Bauherr die Bedeutung seiner Familie und stellt sich gleichsam in die Reihe der berühmten Personen. Die Vorlagen für die Porträts sind wohl in graphischen Werken, etwa den reich illustrierten Weltgeschichten zu suchen. Überraschend groß ist die Anzahl der dargestellten oberitalienischen Machthaber, die durchwegs als Krieger in Rüstung abgebildet sind (Abb. 9, Abb. 10). Unter diesen finden wir eine Reihe bedeutender Venezianer. Auch Türken, nicht nur Widersacher Venedigs, sondern Erbfeinde des ganzen Abendlandes, sind hier — hauptsächlich durch mittelalterliche Herrscher — vertreten. Schwer erklärbar ist hingegen die Tatsache, dass die deutschen Kaiser bis auf Karl den Großen, Karl V., Maximilian II. und den regierenden Leopold I. nicht vertreten sind, während viele andere europäische Herrscherhäuser durch Porträts repräsentiert werden — so zum Beispiel mehrere englische Könige, spanische Habsburger oder eine Reihe französischer Herrscher herauf bis zu Ludwig XIV. Einem Personenkreis, dessen Darstellung dem Auftraggeber wohl ein besonderes Anliegen gewesen sein dürfte, gehören die wichtigsten Feldherrn des Dreißigjährigen Krieges an, wie Fürst Raimund Montecuccoli und Prinz Eugen von Savoyen. Der zweifellos von mehreren Künstlern verfertigte Porträtfries muss in den Jahren zwischen 1703 und 1705 entstanden sein. Diese Datierung ergibt sich einerseits aus der Tatsache, dass Kaiser Leopold I., nicht aber sein älterer Sohn Joseph, der 1705 die Nachfolge seines Vaters angetreten hat, dargestellt ist; andrerseits erweist sich durch das Porträt des jüngeren Sohnes als König Karl III. von Spanien 1703, das Jahr seines Regierungsantrittes, als terminus postquem.
Die Wände werden durch 12 monumentale ganzfigurige Porträts, die ebenfalls fix in Stuckrahmen eingelassen sind, dekoriert. Es sind die Bildnisse von Persönlichkeiten, die im politischen Leben Venedigs Ende des 17. Jh.s eine wichtige Rolle gespielt haben. Darunter befinden sich auch die Porträts der Dogen Francesco Morosini, der 1688 bis 1694 an der Regierung war, und das seines Nachfolgers Silvestro Valier (1694 bis 1700). Die großen Porträts sind alle mit Namen und Amt sowie Entstehungsdatum bezeichnet. Erwähnenswert scheint hier noch das Bildnis Costanzo • Papafavas, der durch die Bildaufschrift als besonders inniger Freund des Grafen Franz Ferdinand von Salburg hervorgehoben wird» Die Porträts entstanden in den Jahren 1688, 1690 und 1695.
Die für den Betrachter augenfälligste Beziehung zu Venedig ist durch den Markus-Löwen hergestellt. Ihm wurde der prominente Platz in der Saalmitte über dem Marmorkamin zugedacht. In dreifärbiger Marmorrahmung ist die ovale Marmorplatte mit dem vergoldeten Löwen aus Stuck eingelassen. Es ist naheliegend, dass der im Manuskript von Ernst Klebel überlieferte Kontrakt mit dem Linzer Bildhauer und Steinmetz Johann Baptist Spatz von 170532 für die Ausführung eines Marmorkamins auf jenen im Festsaal zu beziehen ist. Einen weiteren wichtigen Akzent setzen die drei Saaltüren mit ihren stark profilierten Marmorgewänden und prächtigen, weit ausladenden Supraporten. In zwei von diesen ist das Salburg'sche, in eine das Falkenstein'sche Wappen eingefügt.
Der Festsaal von Schloss Salaberg stellt durch seine enge Beziehung zu Venedig, die sich einerseits in den Bildinhalten, andrerseits in seiner stilistischen Verwandtschaft manifestiert, ein ganz besonderes kulturhistorisches Phänomen dar, das nördlich der Alpen seinesgleichen sucht.
c) Die Gartenanlage
Die Prachtentfaltung unter Franz Ferdinand von Salburg blieb nicht allein auf das Schloss und seine Innenräume beschränkt: auch der Garten wurde modernisiert und in großzügiger Weise neu gestaltet (Abb. 11). Das topographische Gemälde aus der Zeit unmittelbar vor 1700, welches die Südansicht von Salaberg zeigt, konzentriert sich auf die Darstellung des Gartens. Die Wiedergabe des Schlosses hingegen, an welchem die Bauarbeiten sichtlich noch nicht fertiggestellt waren, ist wenig präzise. Bei der Betrachtung dieses Bildes stellt man fest, dass sich der hier gezeigte Park wohl wesentlich von jenem manieristischen des älteren Gemäldes unterscheidet, dennoch nicht dem heute noch vorhandenen barocken Garten entspricht. Der topographischen Ansicht kommt somit eine wichtige dokumentarische Funktion beim Nachvollziehen der Entstehungsgeschichte zu, überliefert sie doch die Existenz der älteren von zwei vorhandenen barocken Gartenanlagen. Der auf dem Bild dargestellte Garten ist wesentlich größer als der manieristische. Er ist in seiner Richtung umorientiert. Seine Hauptachse, die auch heute noch beibehalten ist, führt in Nord-Süd-Richtung direkt auf das Schloss zu. Die unmittelbare Bezogenheit der Anlage auf das dazugehörige Gebäude ist ein wesentliches Merkmal des barocken Gartens. Der Lustgarten wird durch regelmäßig angeordnete Parterre" bzw. Wege rasterartig gegliedert. Entlang der Mittelachse öffnen sich zwei Rondeaus, von welchen das eine, dem Schloss nähere, von einer große Figuren tragenden Balustrade eingefasst wird. In der Mitte zeigt es ein in den Boden eingesenktes Brunnenbecken. Auch die parallel zum Schloss verlaufende Balustrade ist mit Figuren und Vasen dekoriert.
Im Zusammenhang mit dem Bau des Festsaales dürfte sich die im Bild überlieferte Gartenanlage als nicht mehr befriedigend erwiesen haben. Der Festsaal, der ja den wichtigsten Zutritt zum Garten bietet, befindet sich nicht in der Mitte der Südfront des Schlosses, also führte die Hauptachse des Parkes auch nicht auf diesen architektonisch und von der Raumfunktion her wichtigsten Baukörper zu. Man wollte daher eine auf den Festsaal bezogene Orientierung des Gartens erreichen, wobei aber dennoch die Mittelachse des Parks erhalten bleiben sollte. Man schuf also als Teil der gesamten Anlage direkt vor dem Festsaal eine in sich geSchlossene kleinere Einheit, den sogenannten Lindenplatz. Die Intimität dieses Platzes, der angelegt wurde, um den Ordnungsprinzipien eines barocken Gartens gerecht zu werden, steigert gleichzeitig die Monumentalität des Festsaales. Im Osten wird der Lindenplatz von einer Pfeilerarchitektur mit reich gegliedertem, verkröpftem Gesims abgeSchlossen. Dieser architektonisch sehr qualitätvolle Gebäudeteil weist an der Rückwand des Ganges barocke Wandmalereien mythologischen Inhalts auf, die zum Großteil noch übermalt sind. In Italien werden derartige Arkadengänge seit dem 16. Jh. häufig als Garten- und Hofabschlüsse verwendet. Unbekannt ist, wann und warum für diese Pfeilerarchitektur in Salaberg die Benennung "Theater" aufgekommen ist. In den freilich spärlich überlieferten Quellen bei Klebel scheint diese Bezeichnung jedenfalls nicht auf.
Im Westen des Lindenplatzes führt eine doppelarmige, großzügige Freitreppe zum Tierpark hinunter (Abb. 12). Sie wird an beiden Seiten von ehemaligen Befestigungstürmen flankiert. Die Treppe, deren Mitte von einer grottenartigen, diadembogenförmigen Nische mit manieristischem Marmorbrunnen eingenommen wird, mündet in eine große, halbkreisförmige Plattform. Auf den Pfeilern der die gesamte Stiegenanlage und auch die Exedra umlaufenden Balustrade waren zahlreiche unterlebensgroße Genrefiguren (Gestalten aus dem bäuerlichen Leben) postiert, von denen sich zehn erhalten haben. Die Vorliebe jener Zeit für genrehafte Darstellungen wird in Salaberg auch noch durch zwei große friesartige Ölgemälde belegt, die Szenen des bäuerlichen Lebens in betonter Drastik vorstellen. Die Genrefiguren von Salaberg heben sich deutlich von den viel häufigeren Groteskfiguren ab, wie sie von den zahlreichen Zwergengärten des Barock bekannt sind. Sie stehen hingegen dem Figurenschmuck der Portalanlagen des von Jakob Prandtauer erbauten Schwaighofes in St. Pölten nahe. Durch Klebels Notizen sind für die Freitreppe Steinmetzrechnungen aus dem Jahre 1706 belegt; die jüngst erfolgte Zuschreibung des Figurenschmucks an Johann Stanetti", den Künstler der übrigen Gartenplastiken in Salaberg, ist weder urkundlich nachzuweisen, noch stilistisch haltbar. Die meisten Salaberger Genrefiguren wurden bei der Barockausstellung in Melk im Jahre 1960 einem breiteren Publikum gezeigt. Sie bilden auch einen gewissen Blickpunkt für die zahlreichen Besucher des Haager Tierparks.
Im Mittelpunkt des Lindenplatzes und gleichzeitig in der Achse des Festsaales befindet sich ein Springbrunnen mit einem auf vier Delphinen reitenden Putto als marmorne Mittelgruppe. Die Errichtung dieser Fontaine im Jahre 1700 ist durch Baurechnungen gesichert. In regelmäßiger Anordnung wurden 12 lebensgroße Sandsteinstatuen mythologischen Inhalts auf hohen Sockeln einerseits um das Wasserbecken, andrerseits die äußere rechteckige Form des Platzes nachvollziehend, aufgestellt. Diese Figuren sind jedoch nur Teil einer einheitlichen, reichen plastischen Ausstattung der gesamten weitläufigen Gartenanlage.
Der Grundriss des großen Lustgartens wird durch zwei in der Mittelachse liegende Rondeaus, von denen Querachsen ausgehen, bestimmt. Das dem Schloss nähergelegene Rondeau wird durch einen Springbrunnen mit versenktem Becken gestaltet. Der reiche plastische Schmuck, der aus Vasen und Statuen besteht, ist um diese Rondeaus und entlang der Achsen angeordnet. Die Figuren gehören verschiedenen Themenkreisen an. So finden wir Gestalten der antiken Mythologie, Jahreszeiten, Elemente und Allegorien von Wissenschaften (Abb. 13, Abb. 14). Von den insgesamt 40 Vasen und Figuren der ganzen Gartenanlage — also einschließlich des Lindenplatzes — haben sich 12 Vasen und 23 Statuen sowie einige Figurenfragmente erhalten. Die Plastiken stammen von dem in Wien tätigen späteren Hofbildhauer Johann Stanetti (1663-1726). Im Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchiv befindet sich der Vertrag, den Franz Ferdinand Graf Salburg mit Johann Stanetti am 21. Jänner 1705 abgeschlossen hat. In diesem Kontrakt werden 15 Statuen und 12 Vasen nach approbierten Rissen, gearbeitet in Eggenburger Stein, bestellt. Sie mussten bis Ende Juni 1705 geliefert werden. Dieser Vertrag nimmt auch auf ältere Arbeiten Stanettis Bezug. Es könnte sich dabei um die Ausstattung der ersten barocken Gartenanlage in Salaberg handeln, die dann zweifellos in die nur wenig jüngere zweite Ausgestaltung der Gärten einbezogen wurde. Die stilistische Einheitlichkeit des Statuenbestandes stützt diese Annahme. Für das Jahr 1705 ist auch der Kontrakt mit dem Steinmetz Andreas Steinpöck über die Lieferung von 26 Postamenten in Abschrift" erhalten.
Im Zuge der vom Bundesdenkmalamt 1981/82 durchgeführten Gesamtrestaurierung der Statuen und Vasen wurde versucht, sich dem nicht überlieferten, ursprünglichen Statuenprogramm, das im Laufe der Zeit durch Veränderungen unkenntlich geworden war, durch eine Neugruppierung nach künstlerischen und inhaltlichen Gesichtspunkten wieder zu nähern.
Ein Höhepunkt in der Gartengestaltung wird noch durch das im Baujournal als „Sommerhaus" bezeichnete Badegebäude gesetzt (Abb. 15). Dieses erhebt sich am Westende der dem Schloss zunächstliegenden Querachse des großen Gartens und begrenzt mit seiner Seitenfront auch einen Teil der Südseite des Lindenplatzes. Die Hauptschauseite des Gebäudes zeigt eine dreiachsige Bogenstellung mit vorgelegter Pilasterordnung, reich dekoriertem, mächtigem Gebälk und einem auf der ganzen Breite aufruhenden Dreiecksgiebel. Dieser ist, die Ordnung der Bogenstellung fortsetzend, in Felder gegliedert, in die große Stuckkartuschen eingefügt sind. Die Buntheit der Fassade steigert sich im dahinterliegenden halbelliptischen Raum. Dieser ist durch reichliche Verwendung von Stuck, Tuffstein und farbigem, mit bunten Glassplittern, Kieselsteinen und Schlacke durchsetztem Verputz als Grotte gestaltet. In der Tiefe des Raumes befindet sich eine Brunnennische mit Scheinarchitektur. Diese gemalte Dekoration zeigt als Hauptlichtpunkt auf hohem Sockel eine Bacchusbüste, die von zwei Putten mit Weinlaub bekränzt wird - ein Hinweis darauf, dass der Grottenraum festlicher Geselligkeit diente.
Zwei Durchgänge führen zu einem Korridor, hinter dem sich zwischen zwei Zimmern mit Bemalung in der Art orientalischer Tapeten der Baderaum befindet. Unter geschickter Ausnützung des Geländeabfalls zum Tierpark hin konnte das marmorverkleidete Badebecken leicht in den Boden versenkt werden. Das Becken, das nahezu den gesamten Raum einnimmt, ist über eine doppelläufige Holzstiege von den flankierenden Zimmern aus im Osten zu betreten. Der Rest des Raumes, ein schmaler Streif an der Südwand, der wie das Becken mit roten Marmorplatten ausgelegt ist, ist durch eine Marmorbalustrade von diesem getrennt. Von hier konnte man, aus den benachbarten Zimmern kommend, dem Badevergnügen zusehen.
Besonders reizvoll ist die malerische Dekoration des Baderaumes (Abb. 16). Die Scheinarchitektur zeigt eine von seitlichen Emporen gekrönte Säulenhalle, die in einen Brunnenraum mit Quellkaskade übergeht. Während als Material der Säulenhalle Marmor vorgetäuscht wird, ist der Brunnenraum als unverputzter Ziegelbau dargestellt. In diese farblich sehr zart gehaltene Malerei setzen farbintensivere, die Architektur belebende Pflanzen und Tiere sowie Durchblicke auf die Landschaft wirkungsvolle Akzente.
Die Badeanlage von Salaberg verdient es, als besondere Rarität gewertet zu werden. Dem heutigen Beschauer, der die Ausmaße des Badebeckens (ca. 3X3 m) sicherlich als bescheiden empfindet, mag der großzügige und repräsentative Charakter einer solchen ganz selten anzutreffenden Anlage nicht bewußt werden. Das Becken des nicht mehr existierenden, einst hochberühmten Pruncbades Ludwig XIV. in Versailles hatte ein ähnliches Ausmaß. Erst in den zwanziger Jahren des 18. Jh.s — also beträchtlich nach dem im Jahre 1700 fertiggestellten Salaberger Bad sind größere Badeanlagen entstanden, so etwa die Badenburg im Park des Nymphenburger Schlosses oder das Marmorbad im Kasseler Schloss. Es mag kein Zufall sein, dass die zum Vergleich herangezogenen Bäder von Bauherrn errichtet wurden, deren Rang den der Grafen von Salburg weit übertraf.
Mit der reichen Bautätigkeit unter Franz Ferdinand fand der Ausbau des Schlosses sein Ende (Abb. 17). Das fortschreitende, sonst so baufreudige 18. Jh. hat in Salaberg keine bleibenden Spuren hinterlassen. Für die Jahre 1777/78 sind umfangreiche Instandsetzungsarbeiten an Dächern und Fassaden belegt. Die Veränderung in eine von Grün und Weiß dominierte Farbgebung des Festsaales entspricht dem Geschmack des ausgehenden 18. Jh.s.