Hauptplatz 2
EZ. 2, Pfarrkirche St. Michael Römisch katholisch, Hauptplatz Nr. 2
(altes Grundbuch Stg. Haag, Einl 3)
7.2.1850 | Besitzbestätigungsdekret d. k.k. Statthalterei | PFARRKIRCHE zu HAAG |
Spätgotische Wehrkirche St. Michael - Geschichtstafel
Anstelle der romanischen Pfarrkirche wurde zwischen 1433 und 1435 mit dem Bau einer größeren Kirche, vorerst mit dem Turm und dem Chorraum, begonnen. Um 1485 endete der zweite Bauabschnitt mit dem Kirchenschiff. Das mächtige Gotteshaus mit seinem steilen Satteldach wurde durch die Wiener Bauhütte von Hans Puxbaum und Martin Kranschach merklich beeinflusst.
Der gotische Turm erhielt 1564 durch ein Wehrgeschoß mit Schlüsselscharten sein wehrhaftes Wahrzeichen. Weiters ist vom einstigen Wehrcharakter noch eine Pechnase über dem nördlichen Seitenportal erhalten.
Die zweite Turmerhöhung auf 63,5 Meter erfolgte 1892 im Zuge der Regotisierung. In den Jahren 1969/1970 wurde im Inneren der Pfarrkirche eine gänzliche Umgestaltung vorgenommen und die Außenrenovierung beanspruchte die Jahre von 1987 bis 1991.
(Näheres im aufliegenden Kirchenführer)
Text - Hans Hintermayr
Zeittafel
- 1433/ Baubeginn der gotischen Wehrkirche. Zuerst der Turm und der Chorraum
- 1435 später das Kirchenschiff - beeinflusst von der Wiener Bauhütte (wie Stephansdom).
- 1485 Um diese Zeit war die dreischiffige Staffelkirche (mit den Pechnasen) fertiggebaut.
- 1564 Erste Turmerhöhung auf 50 Meter: Umgestaltung in einen Wehrturm mit vorspringende Erker und Schießscharten und einer neuen Glockenstube. Eindeckung des helmförmigen Turmdaches mit Holzschindeln.
- 1892 Zweite Turmerhöhung auf 63,5 Meter (im Zuge der Regotisierung).
- 1965 Neueindeckung des ganzen Kirchendaches.
- 1970 Innenrestaurierung / gänzliche Umgestaltung des Kirchenraumes.
- 1991 Abschluss der Außenrenovierung der Pfarrkirche (1987 - 1991).
- 2000 Restaurierung der neugotischen Glasfenster im Presbyterium.
Aus dem Buch "Wehrkirchen Niederösterreichs" von Karl Kafka
Der gleichzeitung mit dem Chor in den S-Winkel zwischen diesem und dem Langhaus erbaute Kirchturm war ursprünglich kein Wehrturm. Sein gewölbtes Erdgeschoß dienst als Sakristei. Von einem diese mit dem Chor verbundenen kurzen Gang geht in der Mauerdicke eine finstere Treppe um die nordöstliche Turmecke herum in das Obergschoß. Dieses sowie die darüber gelegene Läuterstube werden durch je ein Schartenfenster belichtet. Über einem dritten, finsteren Geschoß folgt die alte Glockenstube mit spitzbogigen, mit Kleeblattbogenmaßwerk versehenen Schallfenstern. Nur im N führt statt eines solchen eine Tür in giebelig geschlossener Nische auf den Dachboden der Kirche. Der über dieser ehemaligen Glockenstube einst mit einem Walm - oder Pyramidendach abgeschlossene Turm ragte nicht über den First des Chordaches hinaus. 1564 wurde der Turm erhöht und in einen Wehrturm verwandelt. Er erhielt über einem Uhrgschoß eine neue Glockenstube mit großen spitzbogigen Schallfenstern und eine Wehrplatte, die nun das Kirchendach hoch überragte.
Das Wehrgeschoß (über einer modernen Traversendecke) umfaßt eine nfast quadratischen Raum, der von einer 1,85m hohen und 80 bis 86cm starken Mauer umgeben ist. In jeder Wandmitte öffnet sich in einer nach oben offenen Nische ein rechteckiges Schießfenster. In den Ecken führen 1,12 bis 1,34m breite Zugänge zu halbkreisförmigen, nicht über die Turmkanten vorspringenden, auf einfachen Konsolen sitzenden Erkern. Jeder Erker enthält ein Schießfensterchen, das beidseitig von Schlüsselscharten eingefasst wird. Insgesamt konnte das Wehrgeschoß durch 16 Schußöffnungen verteidigt werden.
Die Pfarre ist eine Gründung des Bistums Bamberg. Bischof Berengar von Passau weihte 1032 die Kirche und erhob sie zur Pfarre. Sie blieb bambergisch bis 1803. In der 1. Hälfte des 15. Jahrhunderts als Ergebnis der Markterhebung neu gebaut, wurde die Kirche, als Wien 1485 in die Hände des Ungarkönigs Matthias Corvinius gefallen war, von den Bürgern von Steyr und Haag befestigt, mußte aber den Ungarn überlassen werden. Die Erhöhung des Turmes und gleichzeitig wohl auch der Kirchhofmauer wurde durch die Türkengefahr veranlaßt. Die Auflassung des Friedhofes 1784 hatte den Abbruch des Torbaues zur Folge. Im Zuge der Regotisierung der Kirche 1878-1892 erfolgte der teilweise Abbruch der Kirchhofmauer, die mit zu kleinen Zinnen versehen wurde, und die Änderung des Turmhelms. Die Kirche erhielt neugotische Altäre, doch blieben einige Heiligenstatuen des 18. Jahrhunderts erhalten. AN der Außenseite finden sich ein Ölberg von 1500 und zwei figürliche Römersteine.
(1969 - Werner; Riesenhuber 105; Dehio 101; Wolf, Erl 207; Klaar/BDA)